Porträt Völler: "Es wird ein harter Kampf"

Ottmar Hitzfeld sitzt ihm schon im Nacken: Vor der EURO in Portugal steht Rudi Völler unter Druck wie noch nie zuvor. Er muss beweisen, dass er aus dem Rumänien-Debakel gelernt hat.

Genau 50 Länderspiele als Teamchef hat Rudi Völler hinter sich, wenn am 15. Juni in Porto die dritte große Herausforderung seiner DFB-Karriere angepfiffen wird. Die zwei bisherigen hat der 44-Jährige mit der Nerven-Schlacht um die WM- Teilnahme gegen die Ukraine im Herbst 2001 und der überraschenden Vize-Weltmeisterschaft 2002 in Asien erfolgreich bestanden. Jetzt spürt Völler wieder diesen Druck - und das so stark wie noch nie. "Es wird für uns ein harter Kampf", sagte der einstige Nationalstürmer "Rudi sorglos".

Phantom Hitzfeld

Auch für ihn persönlich geht es um den Job - Rudi Völler spürt seit dessen Entlassung bei Bayern Ottmar Hitzfeld im Nacken. Sollte das Abenteuer Portugal für die deutsche Elf schief gehen, stünde der Lörracher stramm bei Fuß. "Bundestrainer wäre die logische Folge", sagte der medienbewusste Erfolgstrainer der "Bild"-Zeitung und schürte damit weiter die Spekulationen.

Noch nagt die Schmach von Bukarest

Völler will aber etwas beweisen. Er will bei der EM-Endrunde in Portugal vor allem zeigen, dass er trotz der Enttäuschungen und Rückschläge der jüngeren Vergangenheit auf den Punkt genau das Maximale aus einer Mannschaft herausholen kann, die von der europäischen Spitzenklasse ein erhebliches Stück entfernt ist. Und er muss die eigenen Zweifel besiegen, die spätestens nach dem historischen 1:5 in Rumänien in ihm nagen. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so abschießen lassen", meinte Völler in Bukarest. Er nahm die Hauptschuld auf sich, bedauerte jedoch einige Tage später, seine Spieler so bedingungslos geschützt zu haben.

Unberechenbarer und dünnhäutiger geworden

Das scheint der große Unterschied zwischen dem Liebling Völler noch bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren und dem Leiter Völler jetzt: Er ist unberechenbarer geworden. Zwar versteht es der gebürtige Hanauer noch immer, mit Sympathie und einem Augenzwinkern drohende Gefahren im Alltag zu entschärfen. Doch was zuvor nur im internen Kreis zu erleben war, brachte spätestens jener legendäre Wutausbruch von Reykjavik im September vergangenen Jahres in die Öffentlichkeit: Völlers Toleranz ist schnell beendet, wenn er die Entwicklungen nicht mehr steuern kann.

Völler will um seinen Job kämpfen

"Das ist mir das Ding nicht wert", meinte Völler trotzig zur öffentlichen Kritik von Günter Netzer und Co. auf die ernüchternden Länderspiel-Auftritte nach der WM. Er sei nicht so wie Erich Ribbeck oder Berti Vogts, die trotz Häme und Kritik jahrelang an ihrem Stuhl festgehalten hätten. Als Rücktritt-Drohung wollte Völler dies nicht verstanden wissen. Im Gegenteil. Völler will "bis mindestens" zur WM 2006 Teamchef bleiben. Als ob er Ottmar Hitzfeld drohen wollte: Ich fighte um meinen Job und kann auch noch länger bleiben

Der Ruf des DFB steht in Portugal auf dem Spiel

Völler, der als Spieler selbst drei EM-Endrunden erlebte (1984, 1988 und 1992), weiß genau, dass eine so blamable Europameisterschaft wie unter Vorgänger Erich Ribbeck 2000 auch seine eigentlich klare Perspektive bis zur WM 2006 im eigenen Land in Frage stellen könnte. Er selbst hatte vor vier Jahren die Scherben aufgesammelte und mit seinem ersten Länderspiel als Verantwortlicher am 16. August 2000 gegen Spanien (4:1) die Trendwende eingeleitet. Die DFB-Auswahl wurde wieder salonfähig. Doch genau das steht in Portugal auf dem Spiel.

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cm/Jens Mende, DPA

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