Im Kampf ums nackte Überleben schöpft Borussia Dortmund neue Hoffnung. Nur einen Tag, nachdem der börsennotierte Fußball-Bundesligist die wahren Ausmaße seiner existenzbedrohenden Krise eingeräumt hatte, vermeldete er erste Erfolge. Nach einem Bericht der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag-Ausgabe) tragen die 67 Gläubiger der Borussia das von der Wirtschaftsprüfergesellschaft Rölfs erarbeitete Sanierungskonzept mit.
Zahlungen gestundet
Dabei gehe es im Wesentlichen um Stundungen ausstehender Zins- und Tilgungszahlungen. Auch jene drei Gläubiger, die bisher ihre Zustimmung noch nicht gegeben hätten (Sparkasse Köln-Bonn, HSH Nordbank und der Münsterländer Unternehmer Paul Sahle), seien in einer Krisensitzung am Freitagabend mit ins Boot geholt worden.
Damit wäre dem Revierclub ein erster wichtiger Schritt zur Abwendung der drohenden Insolvenz gelungen. Nur im Falle einer Zustimmung aller 67 Gläubiger ist der Verein in der Lage, die Spielergehälter zu zahlen und den anderen Verpflichtungen nachzukommen. Unmissverständlich hatte Jochen Rölfs noch vor der Verhandlung mit den Gläubigern zum Ausdruck gebracht, wie dramatisch die Lage wirklich ist. "Wir müssen jeden Zweifel ausräumen, dass dies die letzte Chance ist. Zur Zeit haben wir noch Geld. Aber in den nächsten drei Wochen muss alles über die Bühne gegangen sein", sagte der Wirtschaftsprüfer, der den Verein beim Entwurf der Sanierungspläne maßgeblich unterstützte.
"Konstruktive Gespräche"
Die Abkehr von der Geheimniskrämerei vergangener Tage zeigt offenbar die vom Verein erwünschte Wirkung. Bereits am Donnerstag hatte ein weiterer Gläubiger den Sanierungsplänen zugestimmt. Grund zur Entwarnung gibt es allerdings noch lange nicht: Von zentraler Bedeutung sind die Verhandlungen mit dem Commerzbank-Fonds Molsiris. Die Borussia hatte das Westfalenstadion vor rund zwei Jahren an den Fonds verkauft und dann für 15 Millionen Euro jährlich zurückgeleast. Nur wenn 75 Prozent der insgesamt 5800 Fonds-Zeichner zustimmen, kann der BVB wie geplant Teile des Stadions im Tausch gegen ein verpfändetes Bardepot in Höhe von knapp über 50 Millionen Euro zurückkaufen. Bei dieser Transaktion würden zusätzlich neun Millionen Euro frei für das Tagesgeschäft.
"Wir befinden uns in konstruktiven Gesprächen", sagte die Sprecherin der CommerzbankLeasing Immobilien AG, Karolina Müller. Die Anteilseigner seien schriftlich darüber informiert worden, dass kurzfristig eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen werden soll. In dem Brief an die Fonds-Zeichner wies das Unternehmen darauf hin, dass der BVB die für 2005 fällige Stadionmiete bisher noch nicht gezahlt hat.
Staatsanwaltschaft klärt Betrugsvorwürfe
Weiteres Ungemach droht von anderer Seite. Schließlich ist der Revierclub ins Visier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Bonn geraten. Wie eine BaFin-Sprecherin der dpa am Freitag bestätigte, wird geprüft, ob der Verein als börsennotierte AG seine gesetzliche Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung wichtiger Geschäftsdaten verletzt habe. Falls dies zuträfe, wäre dies eine Ordnungswidrigkeit. Ob möglicherweise Betrug vorliegt, müsste die Staatsanwaltschaft klären.
Die Hiobsbotschaften aus Dortmund schockten selbst die schärfsten Rivalen. "Für die Bundesliga wäre es eine Katastrophe, wenn Dortmund den Spielbetrieb nicht aufrechterhalten könnte", sagte Karl-Heinz Rummenigge der "Berliner Morgenpost" (Freitag-Ausgabe). Der Vorstandsvorsitzender des Branchenführers Bayern München hofft, dass die Insolvenz noch abgewendet werden kann. "Der Verein ist nach Bayern München in den letzten 10 Jahren die wertvollste Marke gewesen. Wenn Borussia Dortmund aus der Bundesliga verschwinden würde, hätte das negative Folgen - und zwar für alle."
Ähnlich nervös reagierte die Deutsche Fußball Liga (DFL) auf die Zahlen aus Dortmund. Sollte der Club schon in den kommenden Wochen zahlungsunfähig werden, könnte ein Solidaritätsfonds helfen. Laut DFL-Sprecher Tom Bender "wäre eine Inanspruchnahme allerdings mit Punktabzügen verknüpft".
Heinz Büse/DPA