Transfer-Posse um Bayerns Ribéry Mieses Spiel mit gezinkten Karten

Von Jens Fischer, München
Bayern München und Franck Ribéry - das Millionen-Geschacher um das französische Genie wird täglich absurder. Ribéry will weg, die Bayern klammern und Real Madrid steht mit dem Geldkoffer bereit. Das Trio beweist aufs Schärfste: Im Geschäft Fußball haben Anstand und Verträge keine Bedeutung mehr.

Im Nachhinein könnten sich die folgenden Ereignisse als eine perfekte Komödie herausstellen. 1500 Zuschauer waren Zeuge, als Franck Ribéry am vergangenen Mittwoch Punkt 11.11 Uhr die Kabine der Münchner verließ, um das erste Saisontraining seiner Bayern in Angriff zu nehmen. Gelöst plauderte er mit seinem Kumpel Daniel van Buyten, wirkte gut erholt und prima gelaunt. Ein paar Sprints, einige Mätzchen, ein wenig dehnen und die Diva markieren nach einem Rüffel von Neu-Trainer Louis van Gaal. Das war's, der erste Auftritt Ribérys nach wochenlangem Hickhack um seinen möglichen Megatransfer zu Real Madrid oder sonst wohin.

Am Mittwochmorgen meinten viele, Ribéry hätte sich mit seinem Verbleib in München abgefunden. Weit gefehlt. Es dauerte gerade einmal 24 Stunden, bis Ribéry über seine Hauspostille, die französische "L'Equipe", klar machte: "Es ist entschieden, ich will gehen. Es wird Real oder nichts." Dabei hatten doch die Bayern-Chefs Uli Hoeneß und Karl-Heinz-Rummenigge mehr als einmal betont, Ribéry sei unverkäuflich. Dem Franzosen und ganz speziell seinem umtriebigen Berater Alain Migliaccio scheint das egal, sie forcieren weiter den Wechsel, mit allen Mitteln, abseits von Moral und gegenseitigem Vertrauen.

Das Beispiel Ribéry zeigt: Verträge sind im modernen Fußball nicht dazu da, eingehalten zu werden, sondern lediglich um die jeweilige Ablösesumme in kaufmännisch verantwortungslose Höhen zu treiben. So wirken auch die Bemühungen der Bayern-Bosse im Fall Ribéry kalkuliert und damit fadenscheinig. Natürlich wissen sie, welchen sportlichen Wert Ribéry für die Bayern besitzt. Noch besser aber wissen sie, dass sie jetzt und spätestens nach Ende der kommenden Saison noch einmal richtig abkassieren können.

Ribérys Vertrag endet am 30. Juni 2011. Dann wäre er ablösefrei zu haben. Das heißt: Die Bayern haben noch zwei Gelegenheiten, ihr bestes Pferd im Stall zu vergolden. "Nur wenn jemand im Fall Ribéry ganz verrückte Dinge machen möchte, werden wir uns damit befassen", sagt Hoeneß und meint damit eigentlich: Gebt uns 70 Millionen Euro und wir lassen mit uns reden. "Das Problem an der Sache sind die Bayern. Sie wollen für jedes Bein von Ribéry 50 Millionen Euro", sagt auch Jorge Valdano, Sportdirektor bei Real Madrid. Im Klartext: Die Bayern schachern, die Madrilenen feilschen. Und Ribéry?

Der gibt momentan die traurigste Figur ab. Spielt nach den Aussagen vom Donnerstag ein Schmierentheater, das ihm im "normalen" Leben den Kragen kosten könnte. Keine Identifikation mit dem Arbeitgeber, ständiges Kokettieren mit anderen Vereinen und so manche Lustlosigkeit in der vergangenen Rückrunde - Verkaufs-Argumente, die den Bayern sicherlich nicht entgangen sind.

Real kennt keine Limits

Natürlich stellt sich die Frage, was ein Verein mit einem Spieler will, der am liebsten für einen Konkurrenten Tore schießen würde. Erfolgreicher Fußball hat viel mit Motivation und Zusammenhalt zu tun. Die sportliche Zukunft der Bayern scheint Ribéry egal zu sein. Keine gute Basis für eine weitere Zusammenarbeit. Deshalb wäre es auch nicht verwunderlich, wenn man sich für eine Trennung von Ribéry entscheiden würde. Hinzu kommt, dass im internationalen Fußball derzeit mit (nicht vorhandenem) Geld nur so um sich geschmissen wird.

Deshalb würde es auch nicht verwundern, wenn Real Madrid nach Christiano Ronaldo (94 Millionen Euro), Kaká (64) und Karim Benzema (35) auch noch Ribéry verpflichtet. 300 Millionen Euro wollte Reals neuer Präsident und Multimillionär Florentino Perez in neues Bio-Kapital investieren. Da wäre noch Platz für den kleinen Bayern-Dribbler.

Werden die Bayern schwach?

Das wissen auch die Bayern und machen gerne mit in diesem Spiel um Macht und Moneten, das die Vereine schon längst in den wirtschaftlichen Supergau geführt hat. In Spanien haben geschätzt 80 bis 90 Prozent der Clubs Millionen Euro an Steuerschulden. In Italien schulden die italienischen Erstligisten dem Fiskus 754 Millionen Euro. In England beläuft sich der Schuldenstand der Premier League auf 3,85 Milliarden Euro. Umso grotesker ist es, dass die genannten Ligen weiter Spieler verpflichten. Scheinbar ohne finanzielle Limits. Real lebt von Krediten und Inter Mailand fordert Steuererleichterungen - zwei Beispiele fragwürdiger Machenschaften.

Fast könnte man den Bayern nicht böse sein, wenn sie im Millionendeal um Ribéry in den kommenden Tagen schwach werden würden. 70 oder 80 Millionen für den 26-Jährigen, das wäre beinahe die Hälfte des gesamten Transfervolumens der Bundesliga der letzten Saison (171 Millionen Euro). Am Ende allerdings wären die Münchner dann auch nur noch ein kleines Teil im kalten Geschacher um menschliche Spielfiguren.

PRODUKTE & TIPPS