Überlebenskampf des BVB "Zur Not eben FC Dortmund"

Borussia Dortmund steht vor dem Aus. Der existenzbedrohte Verein wird keine Hilfe vom Land Nordrhein-Westfalen und der WestLB erhalten. Bleibt Großaktionär Homm, der auch nicht vor einer Namensänderung zurückschreckt.

Dass es um die Borussia aus Dortmund finanziell gesehen nicht gut steht, war allen bekannt. Wie schlecht es aber um dem mehrfachen Deutschen Meister bestellt ist, offenbarte eine Pflichtmitteilung der Aktiengesellschaft vom Donnerstagmorgen: Der Verein stecke in einer "existenzbedrohenden Ertrags- und Finanzsituation". Kurz: dem Traditionsclub droht das Aus.

"Dürfen keine öffentlichen Gelder einsetzen"

Nicht die einzige Hiobsbotschaft: Auch der potenzielle Kreditgeber WestLB, auf die die Borussia bisher gehofft hatte, wird dem Verein keine Finanzspritze setzen - trotz Drucks der Düsseldorfer Landesregierung. Der Kunde Dortmund sei für einen Kredit in dieser Größenordnung nicht solvent genug, hieß es.

Auch das Land Nordrhein-Westfalen wird den Bundesligisten nicht unterstützen. "Wir dürfen keine öffentlichen Gelder einsetzen, um die Millionen-Gehälter für Profis abzusichern", sagte NRW-Sportminister Michael Vesper (Grüne). "Der BVB ist ein Sympathieträger par excellence weit über Nordrhein-Westfalen hinaus", so Vesper weiter und dürfe nicht aus der Bundesliga verschwinden. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass "ein so hervorragendes Produkt wie Borussia Dortmund für Investoren und Banken nicht interessant" sei.

Bleibt für Dortmund wohl nur Großaktionär Florian Homm übrig. Er wäre im Notfall bereit, dem börsennotierten Fußballclub auch mit Geld aus der Finanzkrise zu helfen. "Es geht ums wirtschaftliche Überleben", sagt Homm dem Wirtschaftsmagazin "Capital". "Im Falle einer möglichen Illiquidität ist Geld vorhanden - aber nur unter härtesten Bedingungen."

Der bereits hochverschuldete BVB hat allein im letzten Geschäftshalbjahr einen operativen Verlust von 27,2 Millionen Euro gemacht. Bis Ende Juni rechnet Dortmund nun mit einem Gesamtfehlbetrag von 68,8 Millionen Euro. Damit wären zusammen mit bereits angehäuften Verlusten aus den Vorjahren rund 79 Prozent des eingezahlten Kapitals der Aktionäre (179,5 Millionen Euro) aufgezehrt. Zusätzlich zu den Verbindlichkeiten muss Dortmund das Westfalenstadion, die größte deutsche WM-Arena für die Weltmeisterschaft 2006 dringend renovieren. Doch auch dafür fehlt das Geld. In Dortmund sollen vier Vorrundenspiele, eine Achtelfinalbegegnung sowie das Halbfinale ausgetragen werden.

Doch selbst die Miete des Stadions konnte der Verein in diesem Jahr nicht aufbringen. Laut der CommerzLeasing, dem Inhaber der Arena, stehen noch zwei Monatsmieten über insgesamt drei Millionen Euro aus, wie CommerzLeasing-Vorstand Günter Ress sagte. Der BVB hatte zuvor Stundungen der Mieten zum Teil seines Sanierungskonzepts gemacht. Ress sagte, man habe bereits die Bereitschaft signalisiert, über eine Umstrukturierung des Stadionfonds-Konzeptes zu sprechen. Erste Verhandlungen dazu liefen "seit einiger Zeit".

Reaktionen

Peer Steinbrück (Ministerpräsident von NRW): "Wir sollten keine Insolvenz herbeireden. Ich werde jede Gelegenheit nutzen, um an einer Lösung mitzuwirken, damit der BVB am Ball bleibt."

Tom Bender

(Sprecher der DFL): "Wir beobachten die Entwicklung beim BVB mit großer Sorge. Wie es sich auf die Lizenzvergabe für die Spielzeit 05/06 auswirkt, können wir noch nicht beurteilen."

René C. Jäggi

(Chef des 1. FC Kaiserslautern): "Natürlich hätten es alle am liebsten, wenn es vor der WM in Deutschland keine weiteren schlechten Fußball-Nachrichten geben würde. Klar ist auch, dass durch solche Vorkommnisse die Liga aufgerufen sein wird, bei Bilanzen und Gerantien noch mehr Transparenz einzufordern."

Felix Magath

(Trainer von Bayern München: "Die Situation ist nicht neu. Alle wussten, dass Borussia in Schwierigkeiten steckt. Ich gehe davon aus, dass Dortmund die finanziellen Probleme in den Griff bekommen wird."

Torsten Frings

(FC Bayern München): "Es wäre ein großer Verlust für die Bundesliga und den deutschen Fußball, wenn Dortmund nicht mehr da wäre."

Auch Borussia Dortmund selbst hat zu seiner Rettung vorgeschlagen, die Miete für das Westfalenstadion zu stunden, sowie den Verkauf in Teilen rückgängig zu machen. Hinzukommen solle eine "Anpassung der Rückkaufbedingungen" sowie eine mittelfristige Stundung der Finanzgläubiger für die Zahlung von Zinsen und Krediten bis zum Geschäftsjahr 2006/07.

Auf Grund der äußerst knappen Finanzmittel befinde sich die Gesellschaft "in ständigem, nach Einschätzung des Managements konstruktivem Dialog mit den Gläubigern, um den gegenwärtigen Engpass dauerhaft zu überwinden", hieß es weiter. In diesem Zusammenhang habe die Gesellschaft von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RölfsPartner ein Sanierungskonzept erstellen lassen, das nunmehr vorliege. Dieses Konzept bescheinige der Gesellschaft die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit.

Auch der Londoner Finanzinvestor Stephen Schechter bringt sich bei Borussia Dortmund wieder ins Spiel. Nachdem er erst Mittwoch alle Kontakte zu dem insolvenzbedrohten Club abgebrochen hatte, sagte er dem "Handelsblatt": "Wir können die Restrukturierung schaffen." Dafür müsse der Club jedoch mehrere Bedingungen erfüllen. Neben einem Finanzdirektor, starken Managing Directors und mehr Transparenz müsse sich der Club von allem trennen, "was nach dem alten Regime von Ex-Präsident Gerd Niebaum" aussehe.

Erst Anfang des Monats hatten Berichte die Fans aufgeschreckt, dass die Dortmunder Kommanditgesellschaft bereits im September 2000 den Vereinsnamen und das BVB-Emblem als Sicherheit der Gerling-Gesellschaft verpfändet hatte. Vor dem letzten Heimspiel gegen den VfL Bochum hatte es auch deshalb massive Fanproteste gegeben. Großaktionär Homm allerdings stört sich nicht an dem Vertrag. Er will den Traditionsclub im Notfall umbenennen. "Dann heißt der Verein künftig eben FC Dortmund", so Homm, der 26 Prozent der BVB-Aktien besitzt.

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AP/DPA/Reuters

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