Skandal um WM-Vergabe "Ein Albtraum für den DFB und seine Funktionäre"

Das Sommermärchen steht unter Korruptionsverdacht: Hat der DFB die Ausrichtung der WM 2006 gekauft? Die Anschuldigungen werden auch in den Medien heftig diskutiert. Die Pressestimmen im Überblick.

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland wurde möglicherweise gekauft. Wie der "Spiegel" berichtet, soll das Bewerbungskomitee im Jahr 2000 die knappe 12:11-Entscheidung zugunsten Deutschlands mit einer schwarzen Kasse ermöglicht haben. Der Präsident des Organisationskomitees für die WM war Franz Beckenbauer, auch der heutige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gehörte diesem an. Demnach seien umgerechnet 6,7 Millionen Euro dazu genutzt worden, um vier Stimmen der asiatischen Vertreter im Fifa-Exekutivkomitee zu sichern.

Auch in der Medienlandschaft ist der Bestechungsvorwurf das große Thema. Kommentatoren sprechen vom "Sommermärchen" als Märchen, das für den DFB zum Albtraum wird. Der Mythos der sauberen WM ist endgültig tot. Die Pressestimmen:

"Der Spiegel": "Wenn mittlerweile fast alle WM-Vergaben der vergangenen 20 Jahre ins Gerede gekommen sind - warum sollte ausgerechnet die WM 2006 die große Ausnahme sein? Eine Insel im Meer der Korruption, das ist ein sehr schönes Bild. Aber auch das ist eben nur ein Sommermärchen."

"Neue Osnabrücker Zeitung": "Zyniker sind geneigt zu sagen, die eigentliche Überraschung wäre es gewesen, hätte Deutschland den Zuschlag für die WM 2006 ohne illegale Zuwendungen erhalten. Aber bislang stehen nur Vorwürfe im Raum, Beweise für strafbare Handlungen fehlen."

"Rheinische Post": Wenn stimmt, was der "Spiegel" berichtet, dann ist das Sommermärchen von 2006 ein Lügenmärchen, dann gab es die Fußball-WM in Deutschland nur, weil der Verband für viel Geld Stimmen gekauft hat. Geld, das überdies aus einem Kredit stammen soll, den ausgerechnet der damalige Chef des Ausrüsters Adidas gegeben hat. Der Vorwurf ist  ungeheuerlich."

"Weser-Kurier": "Hat der große Sommermärchenonkel uns ein Märchen erzählt, statt uns eines zu schenken? Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, folgt ein Albtraum für den DFB und seine Funktionäre. Tragisch wäre das nicht. So viel Selbstgefälligkeit und Scheinheiligkeit, wie die Clique der Fußballgranden weltweit und auch hierzulande zuletzt an den Tag gelegt hat, macht fassungslos."

"Schwäbische Zeitung": "Nach dem VW-Skandal, der sogar Zweifel am Gütesiegel "Made in Germany" aufkommen ließ, soll nun also auch die WM 2006 gekauft worden sein. Dabei schien Korruption im Fußball doch bislang vor allem die Sache des großen, über Jahrzehnte undurchschaubaren Weltverbandes Fifa mit ihrem Strippenzieher Sepp Blatter zu sein."

"Westfälische Nachrichten": "Auf die Lichtgestalt Franz Beckenbauer fällt plötzlich ein Schatten, der so gar nicht kaiserlich ist. Und DFB-Boss Wolfgang Niersbach steht da, wo er niemals stehen wollte - am Pranger."

DPA
tim

PRODUKTE & TIPPS