Meinung Fünf Gründe, warum die WM ein Erfolg für Deutschland werden kann

Assan Ouédraogo jubelt mit anderen Mitspielern nach seinem Tor zum 6:0 gegen die Slowakei.
Assan Ouédraogo (Deutschland, M) jubelt nach seinem Tor zum 6:0 mit Felix Nmecha (Deutschland, l) und Nathaniel Brown (Deutschland).
© Jan Woitas/ dpa
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Foto: Jan Woitas/dpa
Es war ein harter Weg, am Ende hat sich das DFB-Team mit einer Gala für die WM qualifiziert. Einiges spricht dafür, dass der weitverbreitete Pessimismus unberechtigt ist.

Das sah doch ganz gut aus: Beim 6:0 im letzten WM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei trat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft endlich wieder so auf, wie die Fans sie sehen wollen – spielfreudig, kämpferisch, erfolgreich. Es war die beste Leistung des DFB-Teams seit Langem. 

Ganz nebenbei machte die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann damit auch den Weg frei zur WM in den USA, Kanada und Mexiko. Keine Selbstverständlichkeit, nachdem der Start in die Qualifikationsgruppe – ebenfalls gegen die Slowakei (0:2) – noch so gründlich danebenging. 

Jetzt richtet sich der Blick auf das Turnier im nächsten Sommer. Und es gibt tatsächlich einige Aspekte, die dem Bundestrainer und den Fans Hoffnung auf eine erfolgreiche WM machen können.

1. Das DFB-Team ist da, wenn es drauf ankommt

Nach dem katastrophalen 0:2 in der Slowakei vor etwas mehr als zwei Monaten war der Jammer groß um die deutsche Nationalauswahl. Bundestrainer Nagelsmann und DFB-Teamchef Rudi Völler fanden öffentlich klare Worte in Richtung Mannschaft, die Medien sahen die Qualifikation für die WM schon gefährdet. Es wäre das erste Mal überhaupt gewesen, dass Deutschland die Teilnahme an einer Fußballweltmeisterschaft sportlich verpasst hätte.

Doch das DFB-Team fing sich wieder, gewann alle folgenden Spiele in der Qualifikationsgruppe. Natürlich gegen relativ leichte Gegner, und freilich ohne dabei immer zu überzeugen – teils sogar das Gegenteil. Doch am Ende zählt eben das Ergebnis. Und das wird bei der WM genauso sein. Stichwort: Turniermannschaft.

2. Die Nationalmannschaft kann auch Spaß machen

War das Beste an dem 2:0 im vorletzten Qualifikationsspiel gegen Luxemburg noch das Ergebnis, machte es gegen die Slowakei endlich wieder Spaß, den Deutschen zuzuschauen. Und zwar vor allem, weil die Spieler auf dem Platz selbst Freude an dem zu haben schienen, was sie da veranstalteten. Motiviertes Pressing, schnelles Direktspiel, die Partie in Leipzig sorgte für Begeisterung.

Das ist wichtig, um verloren gegangene Sympathiepunkte beim Publikum zurückzugewinnen. Bei der EM im eigenen Land hatte Julian Nagelsmann die Fans noch auf seine Seite gezogen, zwischenzeitlich musste sich der Bundestrainer aber auch einiges an Kritik gefallen lassen – insbesondere in der Zeit seit dem Final Four in der Nations League ging es bergab mit dem Nationalteam. Vielleicht können Nagelsmann und seine Mannschaft jetzt die Trendwende einleiten und bei der WM eine Euphorie auslösen.

3. Der Wille ist vorhanden

Die beiden Slowakei-Spiele am Anfang und Ende der Qualifikation bieten schöne Vergleichswerte. Anfang September wirkte es noch, als wäre den DFB-Stars die Nationalmannschaft "scheißegal". Ganz anders sah das zweieinhalb Monate später aus.

Kapitän Joshua Kimmich spielte angeschlagen mit Schmerzmitteln – gesundheitlich womöglich keine weise Entscheidung, aber offenbar sein eigener Wunsch. Eine Stunde hielt er durch, so wie Nico Schlotterbeck, der ebenfalls nicht topfit war und dennoch auflief. Und auch die manchmal leicht phlegmatischen Künstler im DFB-Team zeigten, dass sie schuften können. Serge Gnabry fiel im Hinspiel gegen Luxemburg plötzlich als "aggressive leader" auf. Leroy Sané hat sich die von Nagelsmann verordnete Zwangspause offenbar zu Herzen genommen und glänzte gegen die Slowakei nicht nur mit zwei Toren, sondern auch mit seiner Arbeit gegen den Ball.

4. Der Bundestrainer hat noch Asse im Ärmel

Personell hat Julian Nagelsmann mit Blick auf die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr noch einige Möglichkeiten in der Hinterhand. Allen voran Jamal Musiala, der seit dem Sommer mit seinem Wadenbeinbruch ausfällt. Der Bayern-Star soll nach der Winterpause wieder spielen können und wird bis zur WM hoffentlich wieder der Akteur sein, der auf dem Platz den Unterschied macht. Gleiches gilt für Kai Havertz, der verletzungsbedingt in diesem Jahr gar kein Länderspiel bestreiten konnte. Auch Torwart Marc-André ter Stegen und Antonio Rüdiger werden zurückerwartet.

Gleichzeitig drängen weitere junge Talente nach. Assan Ouédraogo von RB Leipzig feierte gleich ein Traumdebüt samt Tor, auch der Kölner Saïd El Mala stand schon im Kader. Lennart Karl hat Nagelsmann noch nicht nominiert, der 17-Jährige hat aber schon beim FC Bayern bewiesen, dass er auf höchstem Niveau begeistern kann. 

5. Der Faktor Zeit

Auch ein verpasster Gruppensieg wäre kein Gau gewesen für die deutsche Nationalmannschaft. Dann wäre im März immer noch die Qualifikation über die Play-offs möglich gewesen. Vor der WM 2002 musste die Nationalmannschaft übrigens schon einmal nachsitzen – und kam dann beim folgenden Turnier bis ins Finale.

Das hat sich jetzt erübrigt, Julian Nagelsmann hat bis zum Sommer keinerlei Ergebnisdruck mehr. "Die nächsten vier Monate haben viel mit Scouting, viel mit Gesprächen auch mit Vereinstrainern zu tun, die alle natürlich ein Interesse haben, dass sie guten Fußball spielen", sagte der Bundestrainer nach dem Spiel gegen die Slowakei. Nagelsmann bleibt Zeit, um in den anstehenden Testspielen Dinge auszuprobieren, Abläufe einzuspielen und offene Fragen zu klären. Zum Beispiel: Wer steht im Tor? Was passiert auf der Baustelle Außenverteidigung? Wo soll Joshua Kimmich spielen? Das Ergebnis wird dann bei der WM zu sehen sein.

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