Er hat gute Chancen, zum besten Nachwuchsspieler der WM gekürt zu werden, er ist Deutschlands neuer Liebling, und die Vergleiche mit seinem berühmten Namensvetter Gerd Müller sind fast schon obligatorisch - doch für Thomas Müller ist dies alles "nur eine Momentaufnahme".
Auch nach seinen zwei Toren beim 4:1 gegen England, einer starken Leistung und weltweiten Lobeshymnen blieb das Münchner Talent trotz "eines wahnsinnigen Glücksgefühls" völlig gelassen: "Das nützt mir alles nichts, wenn wir im Viertelfinale gegen Argentinien ausscheiden."
Müller ist erst 20 Jahre alt, doch nicht nur auf dem Spielfeld strahlt er trotz seiner Schlitzohrigkeit und Leichtigkeit schon eine gehörige Reife aus. Der Stürmer von Bayern München weiß deshalb gut mit dem Lob, das derzeit auf ihn einprasselt, umzugehen. Auch seine Wahl zum "Man of the Match" gegen England wollte er deshalb nicht überbewerten: "Das muss ja einer werden. Und meistens wird es der, der zwei Tore macht."
Müller weiß aber trotz seiner Jugend und seiner bescheidenen Art genau, was er will - auch bei dieser WM. "Wir wollen mehr. Wir sind hier, um Weltmeister zu werden. Wir wollen weiter unser Spiel durchziehen", sagte er und ergänzte: "Jetzt ist alles möglich. Auch wenn jetzt ein harter Brocken auf uns wartet: Das ist eh egal, wir müssen sowieso alle putzen."
Es ist genau diese Frechheit, die auch Joachim Löw an dem jungen Mann von Bayern München so sehr schätzt. "Thomas hat spielerisch eine unglaubliche Qualität und ist vor dem Tor eiskalt. Mit welcher Kaltschnäuzigkeit er Chancen verwertet, ist imponierend - und das mit 20 Jahren", sagte der Bundestrainer nach Müllers Doppelpack in der 67. und 70. Minute. Das englische Blatt Evening Standard titelte deshalb: "Trauriges England wird von Deutschland er-müllert."
Namensvetter Gerd hatte schon vor der WM von Thomas, der nach sechs Länderspiel-Einsätzen nun drei Treffer auf seinem Konto hat, geschwärmt. "Er ist mein Stürmer Nummer eins. Er kann alles. Er ist mit dem Kopf stark, kann aber auch links und rechts schießen", lobte der "Bomber der Nation", der mit unglaublichen 68 Toren in 62 Länderspielen die "ewige" Torjägerliste des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) anführt.
Dass Thomas auch die "13" wie einst Gerd bei großen Turnieren trägt, passt ins Bild. Doch Müller misst diesem "Zufall", wie er es nennt, keine Bedeutung zu: "Mir ist die Nummer eigentlich völlig egal, das hat keine Auswirkungen auf mein Spiel. Zudem bin ich nicht abergläubisch oder so etwas."
Längst ist Thomas Müller bei Bayern München, wo er in seiner ersten Bundesliga-Saison in 34 Spielen 13 Treffer erzielte, und in der Nationalmannschaft zu einer festen Größe geworden. Seit Beginn der WM setzt Löw auf der rechten offensiven Mittelfeldseite auf den 20-Jährigen - und wurde abgesehen von einem schwächeren Auftritt des Münchners gegen Serbien auch nicht enttäuscht.
Löw wird es gerne hören, wenn Müller sagt, dass er bei der WM "am liebsten noch fünf, sechs Tore machen will". Mit einem frechen Grinsen fügte er aber an: "Ich weiß, dass dies nicht realistisch ist."