WM-QUALIFIKATION Letzte Hürde vor Korea

Vor dem England-Spiel demonstriert die Völler-Elf Selbstbewusstsein. Eine Zitterpartie soll es gegen Beckham & Co nicht geben.

Zwei Tage vor dem Fußball-Knüller des Jahres tragen die deutschen Nationalspieler Selbstbewusstsein zur Schau Eine Zitterpartie, wie vor zwei Jahren beim 0:0 im entscheidenden EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei kommt für Oliver Kahn am Samstag (19.30 Uhr/live ARD) gegen England nicht in Frage: »Damals sind wir gegen die Türken über die gesamten 90 Minuten geschwommen. Das wollen wir nicht noch einmal erleben. Wir werden uns nicht hinten reinstellen und auf Unentschieden spielen. Wir wollen Tore schießen«, versprach der Nationaltorhüter für das Schlüsselspiel der WM-Qualifikation, bei dem wiederum das Münchner Olympiastadion der Schauplatz ist.

Für Bundestrainer Michael Skibbe stellt sich die Frage nach einer möglichen Heimpleite - es wäre erst die zweite Niederlage in 61 WM- Qualifikationsspielen - gar nicht. »Wir beschäftigen uns nur mit dem positiven Fall, nicht mit dem negativen. Wir bereiten uns nicht auf eine Niederlage vor«, wischte Rudi Völlers rechte Hand alle Bedenken vom Tisch. Fast schon überheblich klang sein Ausblick auf die 90 Minuten in der mit 63 000 Zuschauern ausverkauften Arena. »Wir haben genaue Vorstellungen, wie wir spielen wollen - erfolgreich. Wir brennen drauf, die Engländer begrüßen zu können.«

Zur großen Zuversicht trug auch das medizinische Bulletin bei, nachdem die zwei verschärften Trainingseinheiten des Vortages gleich mehrere Akteure nur mit Blessuren überstanden hatten. »Alle 20 Spieler sind einsatzfähig, das ist das Allerwichtigste. Es ist erfreulich, dass Rudi und ich die Qual der Wahl haben«, berichtete Skibbe. Das letzte Fragezeichen war am Donnerstagmorgen nach einer Röntgenuntersuchung der vor fünf Wochen gebrochene Zehe bei Michael Ballack verschwunden. »Er kann 90 Minuten spielen«, versicherte Skibbe. Nach wie vor aber hütet die sportliche Leitung die Mannschaftsaufstellung wie ein Staatsgeheimnis.

Mit einem Erfolg kann die DFB-Auswahl vorzeitig das Ticket zur WM in Südkorea und Japan lösen, England dagegen ist praktisch zum Siegen verdammt. Darum sieht Rudi Völler keinen Grund, an seiner Mannschaft zu zweifeln: »Wir haben eine tolle Moral. Viele Mannschaften würden uns um unsere Ausgangsposition beneiden. Wir sind Tabellenführer und wir spielen im eigenen Stadion«, bemerkte der Teamchef. Seit 28 Jahren ist Deutschland in zehn Länderspielen in München unbesiegt, und Englands letzter Auswärtssieg gegen eine DFB-Auswahl liegt sogar schon 36 Jahre zurück (1:0 in Nürnberg/12. Mai 1965). »Unterbewusst spielen solche Dinge eine Rolle«, meinte Kahn, »aber es ist auch gefährlich, sich zu sehr auf die Vergangenheit zu verlassen.«

Der Nationaltorwart ist für Völler einer der Erfolgsgaranten. »Wenn wirklich etwas durchkommt, haben wir noch den Olli Kahn«, sagte der Teamchef. Denn eine Schlüsselrolle kommt der Defensive zu, und dort ganz besonders Jens Nowotny. Der Leverkusener kehrt nach seinem verletzungsbedingten Ausfall in Ungarn als Abwehrchef ins Team zurück und soll mit Christian Wörns und Thomas Linke »Europas zur Zeit wohl bestes Stürmerpaar«, wie er Michael Owen und Emile Heskey selbst bezeichnete, stoppen. »Dafür gibt es kein Patentrezept«, meinte Nowotny, der besonders um die Stärken des 21-jährigen Owen weiß: »Den kann nicht einer alleine 90 Minuten kaltstellen, sondern das ist eine Aufgabe für den ganzen Abwehrverbund.«

Nowotny forderte aber auch die Mittelfeldakteure und Stürmer auf, keinesfalls die Defensivarbeit zu vernachlässigen. »Wir dürfen nicht den Kopf verlieren, nicht auf Teufel komm raus stürmen. Im Hinterkopf müssen wir immer haben, dass die Null stehen muss. Uns bringt ein Remis weiter als die Engländer«, sagte der 27-Jährige, der in den letzten WM-Qualifikationsspielen gegen Finnland (2:2) und Albanien (2:0) nicht der erhoffte Stabilasator der Abwehr war.

Mit einem intensiven Videostudium will Völler die Spieler am Freitag mental auf die Engländer vorbereiten. Taktische Varianten und Standardsituation, die Stärke von David Beckham, werden dabei im Mittelpunkt stehen. »Wir wollen uns aber nicht so sehr nach dem Gegner richten«, kommentierte Skibbe. Vielmehr erwartet der DFB-Tross ein Geduldsspiel. »Die Engländer und ihr Trainer werden nicht so unclever sein, einen Sturmlauf zu veranstalten. Intelligente Mannschaften spielen geduldig, intelligente Mannschaften sind davon überzeugt, dass sie irgendwann ein Tor machen«, gab Kahn einen Einblick in die höhere Fußball-Psychologie.

Die voraussichtliche Aufstellung: Kahn - Wörns, Nowotny, Linke - Rehmer, Hamann, Ballack, Böhme - Deisler - Neuville, Jancker

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