Einreise-Skandal in Australien Titelgewinn für Novak Djokovic: Der Serbe ist nun auch Weltranglisten-Frechster

Novak Djokovic
Bis Montag darf der 34-jährige Tennis-Weltranglisten-Erste in Australien bleiben – ob sein Aufenthalt darüber hinausgeht, entscheidet das Gericht
© Adam Davy / PA Wire / DPA
Novak Djokovic besteht darauf, per Ausnahmegenehmigung in Australien einreisen zu dürfen. Dass er dafür vor Gericht geht, nennt sein Vater einen "Kampf für die ganze Welt". Damit ist der Tennisstar vor allem eines: ein Meister der Selbstüberschätzung.

Wir haben einen Sieger! Tennisweltstar Novak Djokovic hat sich den nächsten Titel gesichert: Er ist nun auch Meister der Selbstüberschätzung. Der "wohl" Ungeimpfte, hält sich "wohl" für derart wichtig, dass ein ganzer Kontinent ihm den roten Teppich auszurollen hat.

Weil er seinen Impfstatus weiterhin nicht offenlegen will, entpuppt sich der Flughafen Melbourne für den Serben als mögliche Endstation Sehnsucht. Denn der australischen Regierung ist die medizinische Ausnahmegenehmigung, die Djokovic von zwei "unabhängigen Expertengremien" erteilt wurde, in erster Instanz nicht Beweis genug. Wer nicht geimpft ist oder zumindest nicht zweifelsfrei belegen kann, warum der Piks ein Ding der Unmöglichkeit ist, der kann sich Downunder auf dem Rückflug von oben ansehen.

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Bei der Einreisediskussion um den Weltranglisten-Frechsten hat Australien nun eine einzigartige Chance. Das Land kann auf globaler Bühne beweisen, dass der Satz "vor dem Gesetz sind alle gleich" mehr ist als ein ausgeblichenes Wandtattoo in einer Jura-Studenten-WG. Die "Akte Djokovic" (Titelvorschlag für die sicher bald folgende Netflix-Doku) darf nicht zu einem Präzedenzfall für Regelbrecher werden.

Frei, freier, Profisportler

Denn eigentlich geht es beim Fall Novak Djokovic im Grunde genommen gar nicht um Novak Djokovic. Es ist (hoffentlich) das Serienfinale der nicht erst seit, aber vor allem während der Pandemie nicht enden wollenden Diskussion um die Sonderstellung des Profisports. Es ist eine oft emotional und selten rational geführte Debatte darüber, welche Vorteile eine Gesellschaft seinen athletischen Helden einräumt. Profisportler sollten im besten Fall zu 50 Prozent den Ritter in weißer Rüstung und zu 50 Prozent den "Typ mit Ecken und Kanten" mimen. Doch für diesen Spagat sind die wenigsten gelenkig genug, wie Joshua Kimmich bereits einwandfrei dokumentierte.

In einem Punkt hat Djokovic allerdings recht. Stand jetzt obliegt der eigene Impfstatus in den meisten Fällen (leider) noch der persönlichen Entscheidungsfreiheit. Insofern ist eine Debatte um die Impfskepsis des Tennisstars ein Nebenschauplatz. Nur ein Gedankenspiel dazu: Ab dem 15. März gilt in Deutschland die Impfpflicht für medizinisches Personal. Welche Konsequenzen würden wohl einen Krankenpfleger erwarten, der um seinen Piks ein djokovitsches Brimborium macht? Gewagte Prognose: die Aufenthaltsgenehmigung im Krankenhaus wäre schnell entzogen.

"Kampf für die ganze Welt"

Während der Pandemie gab es immer wieder Fälle, in denen Australier aufgrund der strengen Einreisebestimmungen im Ausland gestrandet waren – mitunter ungeachtet von Todesfällen in der eigenen Familie. Das hinderte Vater Srdjan Djokovic nicht daran, die Auflehnung seines Sohnes gegenüber dem serbischen Nachrichtenportal "Sputnik" als "Kampf für die ganze Welt" zu bezeichnen. Wie herrlich bescheiden.

Der ultimative Matchball wäre natürlich, wenn Djokovic die ganze Zeit über geimpft war und es ihm nur um das Mysterium ging. Vielleicht hätten wir Deutschen dann ein Einsehen: Beim Thema Datenschutz verzeihen wir hierzulande schließlich gerne den ein oder anderen Spleen. Für die Netflix-Doku wäre das zudem echtes Film-Gold. 

Am Montag entscheidet sich vor Gericht, ob Djokovic einreisen darf. Dazu noch einmal Djokovic Senior: "Wir sollten ihn alle willkommen heißen, wie er es verdient!" Keine schlechte Idee: am Montag dann am besten mit einem Rückflugticket. Natürlich gratis – dank Promistatus, versteht sich.

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