Abschluss der Tennissaison Müde und mit Gewaltvorwürfen im Gepäck: Zverev reist als Außenseiter zu ATP-Finals

Alexander Zverev, hier beim Masters in Paris: "Im Großen und Ganzen kann ich zufrieden sein"
Alexander Zverev, hier beim Masters in Paris: "Im Großen und Ganzen kann ich zufrieden sein"
© Michel Euler / DPA
Bei den ATP-Finals ist Alexander Zverev nur Außenseiter. Zuletzt wirkte Deutschlands bester Tennisprofi ausgelaugt. Zudem droht ihm ein Prozess wegen der Gewaltvorwürfe seiner Ex-Freundin Brenda Patea.

Den stressigen Umweg über Sofia konnte sich Alexander Zverev am Ende doch sparen. In seiner Sorge, die Qualifikation für die ATP-Finals in Turin zu verpassen, hatte der Tennis-Olympiasieger nach seinem Achtelfinal-Aus beim Masters-1000-Event in Paris-Bercy schnell noch für das kleine Turnier in der bulgarischen Hauptstadt gemeldet. Weil die Konkurrenten um das Turin-Ticket dann aber patzten, sagte Zverev seine Teilnahme wieder ab und tankte stattdessen noch ein paar Tage Kraft in seiner Wahlheimat Monte-Carlo.

Kraft, die Zverev nach einem anstrengenden Comeback-Jahr mit vielen Auf und Abs beim letzten Auftritt in dieser Saison gebrauchen kann. Denn zuletzt wirkte der 26-Jährige müde, quälte sich mehr durch seine Partien. "Er hat am Ende in Asien nicht mehr so frisch gewirkt", sagte auch Deutschlands Tennis-Ikone Boris Becker bei Eurosport.

Alexander Zverev droht Prozess wegen Körperverletzung

Ein weiteres Problem belastet den Hamburger: der drohende Prozess wegen Körperverletzung in Berlin. Hintergrund sind die Vorwürfe von Zverevs Ex-Freundin Brenda Patea. Die Influencerin behauptet, dass Zverev ihr gegenüber gewalttätig geworden sei. Die Staatsanwaltschaft wollte das Verfahren abkürzen und beantragte deswegen einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 450.000 Euro, den das Gericht bewilligte, weil es die Vorwürfe für glaubwürdig hält. Akzeptiert der Beklagte den Strafbefehl, wird ein Prozess vermieden und das ganze Verfahren stark verkürzt. Es wäre aber gleichzeitig ein Schuldeingeständnis und Zverev streitet vehement ab, gewaltätig geworden zu sein. Jetzt droht ihm also ein Prozess wegen Körperverletzung.

Doch für den Jahresabschluss der besten acht Spieler des Jahres will Zverev noch einmal alles aus sich herausholen. Schließlich sind die ATP-Finals eines seiner Lieblingsturniere. "Die acht besten Spieler des Jahres sind hier, es ist immer eine Ehre dabei zu sein", sagte Zverev. "Und nichts, was selbstverständlich ist."

Zweimal konnte Zverev das Turnier bereits gewinnen. 2018 im Finale gegen Novak Djokovic, 2021 im Endspiel gegen den Russen Daniil Medwedew, auf den er in diesem Jahr bereits in der Vorrunde trifft. Weitere Gruppengegner sind Wimbledonsieger Carlos Alcaraz aus Spanien und Medwedews Landsmann Andrei Rubljow, gegen den Zverev die letzten drei Partien allesamt verloren hat.

Die Rolle des Außenseiters gefällt ihm

Auch deshalb geht Zverev nach seinem verletzungsbedingten Fehlen im vergangenen Jahr dieses Mal nur als Außenseiter ins Rennen. Klarer Favorit ist Djokovic, der seinen siebten Titel anstrebt und damit alleiniger Rekordsieger der ATP-Finals wäre. Aktuell liegt er gleichauf mit Roger Federer, der ebenfalls sechsmal gewinnen konnte.

Doch Zverev fühlt sich in seiner Außenseiterrolle wohl, auch bei seinen beiden Titelgewinnen war er nicht als Favorit angereist. "Wenn ich nach so einer Verletzung die ATP-Finals in Turin erreichen und das Jahr in den Top 8 beenden kann, dann war es eine gute Saison", sagte Zverev in einem Eurosport-Interview.

Nach seiner schweren Fußverletzung war Zverev nur mühsam in Schwung gekommen. "Zu Beginn des Jahres habe ich noch mit Schmerzen gespielt und musste einen Weg finden, damit umzugehen", sagte Zverev. Erst gegen Mitte des Jahres fand der gebürtige Hamburger zu alter Form und schaffte es bei den French Open bis ins Halbfinale.

Danach folgten Höhen und Tiefen. Turniersiege in Hamburg und Chengdu, Auftakt-Niederlagen in Shanghai und Tokio. "Sicher, ich habe keinen Grand-Slam-Wettbewerb gewonnen und auch nicht die Turniere, die ich in den vergangenen Jahren für mich entscheiden konnte", sagte Zverev, "aber im Großen und Ganzen kann ich zufrieden sein". Ein erfolgreiches Abschneiden in Turin würde diese Zufriedenheit noch verstärken und der deutschen Nummer eins ein gutes Gefühl für das neue Jahr geben.

DPA
tis / Lars Reinefeld

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