Sonntagabend, 22.15 Uhr, Ortszeit Peking: Olympisches Basketball, die millionenschweren Korbjäger aus den USA gegen den Gastgeber aus China. Oder: Der Krieg der Welten. Selten hat ein Basketballspiel bei Olympia für mehr Aufsehen gesorgt als dieser Kampf um Sieg, Ehre und um die Gewissheit, einfach nur der Stärkere zu sein.
Natürlich haben den Chinesen gegen die "Könige der Lüfte", gegen die NBA-Megastars Kobe Bryant, Lebron James und Jason Kidd keine reelle Siegchance. Dafür scheinen die US-Profis einfach zu stark zu sein. Das zeigten deren überlegen geführten Vorbereitungsspiele gegen starke Gegner wie zum Beispiel Russland, die allesamt im Durchschnitt mit über 30 Punkten Differenz locker und leicht gewonnen wurden. Aber bei dieser Partie am Sonntagabend geht es um viel mehr als nur um den sportlichen Erfolg. Es geht für beide Mannschaften darum, das Gesicht zu wahren und der Welt zu zeigen: Wir sind ein starkes Team, wir halten zusammen und wollen den maximalen Erfolg. Dazu fühlen sich beide Teams verpflichtet.
Für die USA zählt nur Gold
Bei den beiden letzten Weltmeisterschaften scheiterte das NBA-Starensemble noch vor dem Finale, während der vergangenen Olympischen Spiele 2004 in Athen setzte es bei acht Auftritten unglaubliche drei Niederlagen. Eine Schreckens-Bilanz, die bei der Qualität der Spieler kaum zu glauben ist. Das soll 2008 in Peking anders werden. Es ist ein Kampf um die Ehre und auch um das Ansehen der NBA. Das wissen die Spieler: Sie nutzen gemeinsam mit ihrem nicht unumstrittenen Trainer Mike Krzyzewski jede Gelegenheit, den Begriff "Teamgeist" zu strapazieren. Die Zeiten der egoistischen Ballzauberer sollen in Peking endgültig Geschichte sein.
Das wurde auch dieser Tage schnell deutlich. Auf der Pressekonferenz im Pekinger Medienzentrum äußerte sich Jason Kidd, Point Guard und Teamkollege von Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks, selbstbewusst: "Das Olympia-Turnier ist für uns eine große Chance, unser individuelles Talent auch als Team zur Schau zu stellen. Wir sind hungrig, für uns zählt hier nur die Goldmedaille." Teammanager Jerry Colangelo meint pathetisch: "Wir haben hier eine Mission. Wir wollen endlich, dass die Menschen uns respektieren. Das ist noch mehr wert als die Goldmedaille." Für diesen Respekt müssen in einem ersten Schritt die starken Chinesen aus dem Weg geräumt werden.
Ganz China schaut auf Yao Ming
Für den Olympia-Gastgeber ist es die einzigartige Gelegenheit, im eigenen Land für immer und ewig unsterblich zu werden. Kidd warnt daher eindringlich: "Die Chinesen werden aggressiv in die Zweikämpfe gehen und uns alles abverlangen. Sie sind sehr groß. Deswegen müssen wir unter dem Korb schnell spielen, das ist der Schlüssel zum Erfolg".
Leicht wird es für die US-Boys nicht. Auf die Chinesen schauen Milliarden Basketball-verrückter Landsleute, die eine Pleite gegen den kapitalistischen Rivalen nur schwer verstehen würden. Als Center Yao Ming, Volksheld, Werbestar in der Heimat und am Freitagabend Fahnenträger der chinesischen Olympia-Mannschaft, nach dem Training zum Pressetermin erschien, war die Erwartungshaltung der einheimischen Presse förmlich greifbar.
"Ich werde in meiner Karriere nicht mehr viele Möglichkeiten haben, bei so einem Turnier gegen das All-Star-Team zu spielen. Auf diesen Tag musste ich sehr, sehr lange warten", erklärte der sichtlich aufgewühlte Center der Houston Rockets. "Für mein gesamtes Team wird das eine wunderbare Erfahrung werden. Diesen Moment werden wir sicher nie vergessen." Der sechsmalige NBA-All-Star wusste zu diesem Zeitpunkt ganz genau: Es wird das Spiel der Spiele. Für ihn und für ein ganzes Land.