Der sensationelle 4:3-Sieg der deutschen Eishockey-Mannschaft gegen Schweden hat eine enorme Welle der Begeisterung ausgelöst. Erstmals stehen die Kufencracks in einem Olympia-Halbfinale - und die Losung heißt: Wer den Weltmeister aus dem Turnier wirft, der kann auch den Olympiasieger besiegen. In jedem Fall wird Eishockey-Großmacht Kanada wohl eine Art Auswärtsspiel bestreiten müssen.
Denn für das Spiel am Mittag (13.10 Uhr MEZ) hat seit dem Sieg über Schweden ein regelrechter Run auf Tickets eingesetzt. Waren die Spiele der Mannen von Coach Marco Sturm in Pyeongchang ohnehin schon ein sehr beliebter Zeitvertreib für die deutschen Olympioniken, ist die Nachfrage nun noch einmal deutlich gestiegen. DEB-Chef Franz Reindl erreichten auch zahlreiche Anfragen ehemaliger Athleten wie Maria Höfl-Riesch. "Die Nachfrage ist riesig. Ich musste beim Weltverband IIHF noch einmal Karten nachbestellen", berichtete Reindl der Deutschen Presse-Agentur.
Olympia 1992: Puck bleibt vor Torlinie liegen
Es ist eine historische Chance für das deutsche Eishockey. Der Einzug ins Finale wäre der bisher größte Erfolg überhaupt. Ex-Nationalspieler Peter Draisaitl traut dem Eishockey-Nationalteam den Sieg gegen den amtierenden Olympiasieger und damit eine weitere Sensation durchaus zu. "Wer zweimal so gut gegen die Schweden spielt, hat gegen jedes Team eine Chance. Dieses Turnier ist die ganz große Chance, da die ganzen NHL-Stars fehlen. Das macht es einem Land wie Deutschland leichter", sagte der Trainer der Kölner Haie der "Bild"-Zeitung.
Bei Olympia gelang allerdings noch nie ein Sieg gegen eine kanadische Auswahl. Als Nationalspieler war der 52 Jahre alte Draisaitl 1992 aber selbst kurz davor. Im legendären Viertelfinale von Albertville gegen Eric Lindros und Co. ging es damals ins Penaltyschießen. Der Vater des deutschen NHL-Stars Leon Draisaitl verschoss auf dramatische Art und Weise. Der Puck passierte Torhüter Sean Burke, kullerte in Richtung Netz, blieb aber genau auf der Torlinie liegen. "Ich habe durch die Szene eine Berühmtheit erreicht, auf die ich gerne verzichtet hätte", sagte Draisaitl der Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Eishockey-Legende Kühnhackl: "Würdige Erben"
Ein weitere deutsche Eishockey-Legende, Erich Kühnhackl, rühmte das aktuelle Team. Kühnhackl, Vater des aktuellen NHL-Stars Tom Kühnhackl, gehörte zu jenem Team, dass bei den Olympischen Spielen 1976 in Innsbruck sensationell Bronze und die bis heute einzige olympische Eishockey-Medaille gewann. "Auf jeden Fall sind die Jungs würdige Erben, sie sind wahre und würdige Erben von 1976", sagte der frühere Nationalspieler und Bundestrainer in einem Interview der "Abendzeitung". "Ich kann auch nur sagen, dieser Mannschaft, die hier vollbracht hat, dass Deutschland bei Olympischen Spielen unter den besten vier Mannschaften steht, der kann man nur gratulieren." Es mache Spaß, dem Team zuzuschauen.
"Wir in Deutschland können wirklich nur stolz auf diese Mannschaft sein. Sie sind richtige Vorbilder, und das, was sie jetzt schon für das Eishockey in Deutschland anschieben und bewirken, ist großartig", erklärte der einst zum deutschen "Eishockey-Spieler des Jahrhunderts" gekürte Kühnhackl. "Erfolge bei einer WM sind grandios, aber Olympische Spiele haben noch einen ganz anderen Stellenwert. Die sind eben nur alle vier Jahre. Was hier gerade abläuft, ist historisch."
Im Finale wartet russisches Team
Die Mannschaft um Ex-NHL-Star Christian Ehrhoff kann es kaum noch erwarten. "Die Spieler sind fokussiert. Man sieht es ihren Augen an: Sie sind heiß, sie sind bereit, sie freuen sich", berichtete Coach Marco Sturm vor Spielbeginn. Sollte die Sensation gelingen, würde im Finale mit der russischen Mannschaft ein weiterer Eishockey-Gigant warten. Das Team der "Olympischen Athleten aus Russland" besiegte Tschechien im anderen Halbfinale glatt mit 3:0. Die Tschechen wären die Kontrahenten im kleinen Finale um Bronze. Auch dieses Spiel wäre schon historisch. Noch aber glauben alle an den ganz großen Wurf.
