Anonymes Geständnis Tennisprofi packt über Wetten aus

Illegale Wetten, Dopingvorwürfe und die nebulösen Enthüllungen eines anonymen deutschen Spielers sorgen vor den Saisonfinals im Welttennis für Zündstoff. Ein deutscher Profi behauptet laut WDR, dass auch deutsche Spieler in den Wettskandal verwickelt seien.

In einem Beitrag der Sendung "sport inside", als Kurzfassung am Sonntag in der ARD-Sportschau, packte der geheimnisvolle Zeuge aus. Aktive Spieler sollen mit den Wetten ein Vielfaches ihres leistungsmäßig erzielten Preisgelds eingenommen haben. Außerdem behauptet er, dass Spiele abgesprochen und Aufschlagspiele absichtlich verloren würden. Selbst bei Grand Slam Turnieren gebe es bewusst einkalkulierte Niederlagen.

Der Tennisprofi behauptet weiter, von einem deutschen Spieler gebeten worden zu sein, für ihn als Strohmann zu agieren und eine fünfstellige Summe auf sein Spiel zu setzen. Der Tennis-Insider benennt ein internationales Match, von dem in der Tennis-Szene bekannt sei, dass es manipuliert worden sei, und bei dem hohe Einsätze bei internationalen Wettbüros aus dem Umfeld der Spieler gesetzt worden seien.

Gegen Dawidenko wird bereits ermittelt

Eine Woche vor der Weltmeisterschaft vom 11. bis 18. November in Shanghai tut sich zudem eine Kluft auf zwischen der ATP und den von der Spielerorganisation zu vertretenden Protagonisten des Weißen Sports. "Ich habe nicht das Gefühl, dass ATP-Präsident Etienne de Villiers viel für uns Spieler tun will. Ich glaube nicht, dass die ATP noch die Interessen der Spieler vertritt", sagte Nikolai Dawidenko, gegen den im Zusammenhang mit illegalen Wetten seit gut einem Vierteljahr ermittelt wird.

Auslöser für die Ermittlungen war ein Spiel von Dawidenko im polnischen Sopot gegen den argentinischen Tennis-Nobody Martin Vassallo Arguello. Im dritten Satz hatte der Russe wegen einer Verletzung aufgegeben. Weil Unbekannte während des Matches hohe Beträge auf den Außenseiter gesetzt hatten, geriet Dawidenko in den Geruch der Manipulation. "Ich wäre sehr dumm, wenn ich mich auf solche Betrügereien einließe", beteuerte der 26-Jährige in einem Interview mit dem an diesem Montag erscheinenden Magazin "Focus" nochmals seine Unschuld. "Ich hatte einen Ermüdungsbruch im Zeh. Das ist schon einen Tag später von einer Kölner Klinik diagnostiziert worden. Das Untersuchungsergebnis liegt der ATP vor."

Nebulöse Berichte über Kontakte zu Wettbüros

Von der ATP fühlt sich Dawidenko schlecht beraten. "Die ATP hatte mir geraten, möglichst wenig zu sagen. Daran habe ich mich lange gehalten. Doch damit ist Schluss. Vielleicht kommt so Bewegung in die Sache." Inzwischen haben einige seiner Kollegen mehr oder minder nebulös von Kontakten zu möglichen Wettbetrügern erzählt. "Bis Sopot hat keiner über solche Erfahrungen berichtet", wundert sich Dawidenko. "Plötzlich scheinen viele genau Bescheid zu wissen."

Auch im Prozess des Deutschen Tennis Bundes (DTB), der wegen der Streichung des Rothenbaum-Turniers als Masters-Veranstaltung vor Gericht gezogen ist, agiert die ATP selbstherrlich. Obwohl die US- Richter noch immer kein Urteil gefällt haben, hat de Villiers bereits Anfang September das Aus für den Rothenbaum verkündet. Im vorläufigen Plan für 2009 taucht das Hamburger Traditionsturnier nicht mehr auf.

ATP in der Kritik

Dabei haben sich viele Spieler - angeführt von Branchenprimus Roger Federer - immer wieder für den Erhalt des Rothenbaum-Turniers stark gemacht. "Er will mehr Turniere nach Amerika verlagern, die meisten Aktiven aber wollen in Europa bleiben", sagte Dawidenko. Doch de Villiers verfolgt seine Ziele unbeeindruckt. Auch den Flop mit den von ihm eingeführten Gruppenspielen hat der frühere Disney-Manager offenbar schadlos überstanden. Dabei hatte ihm Federer im einem Gespräch mit der DPA den Fehde-Handschuh hingeworfen, als er meinte: "Ich bin froh, dass er sich damit die Finger verbrannt hat."

Vom positiven Kokain-Befund bei Martina Hingis wurde die WTA-Tour nur fünf Tage vor der WM in Madrid (6. bis 11. November) überrascht. Obwohl sie schon im Juli in Wimbledon positiv getestet worden war, "gab es noch keine Meldung an die Spielerinnen-Organisation", sagte WTA-Präsident Larry Scott. Fürs Masters der besten acht Spielerinnen der Saison, bei dem Titelverteidigerin Justine Henin aus Belgien als Favoritin gilt, war die Schweizerin aber ohnehin nicht qualifiziert.

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Andreas Bellinger/DPA

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