Beim Team Gerolsteiner knallten am Montag die Champagner-Korken: Radprofi Stefan Schumacher aus Nürtingen hat die 3. Etappe des 89. Giro d’Italia gewonnen und sensationell vom Italiener Paolo Savoldelli das Rosa Trikot des Spitzenreiters übernommen. Der 24-Jährige, der schon auf der 1. Etappe mit Rang vier überzeugt hatte, streifte sich nach 202 Kilometern in Namur als sechster deutscher Profi beim Giro das begehrte Kleidungsstück über. Zuletzt trug es der Kolkwitzer Olaf Pollack vor zwei Jahren für einen Tag. Platz drei im Tages- und Gesamtklassement seines Team-Kollegen Davide Rebellin (Italien) machte den Feiertag des Gerolsteiner Teams in Namur perfekt.
"Das war das Rennen meines Lebens, ein absoluter Traum. Ich hatte mir das Rennen perfekt eingeteilt und wir hatten heute ein Super-Team", sagte Schumacher nach seinem Bravourstück an der Zitadelle von Namur. Seinem Teamchef Christian Henn ist im packenden Finale heiß und kalt geworden, als er sah, wie sein Schützling verbissen um den Sieg kämpfte: "Ich hatte leichte Bedenken, dass seine Kraft vielleicht nicht bis zum Schluss reichen würde. Aber er war phänomenal."
Asthmamittel von der Mutter
Der "andere Schumacher", wie die "Gazzetta dello Sport" den Radprofi in Anspielung auf Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher nannte, attackierte auf dem 2,3 km langen Schlussanstieg 800 Meter vor dem Ziel. Er sicherte sich auf regennasser Straße einen Zwei-Sekunden-Vorsprung vor dem Spanier José Rubiera aus dem Discovery-Channel-Team von Savoldelli. Der Italiener liegt im Gesamtklassement jetzt 13 Sekunden hinter Schumacher, der sein Trikot auf der 4. Etappe über flaches Terrain ohne sehr großen Aufwand verteidigen und in den Ruhetag am Mittwoch retten könnte.
Durch eine ominöse "Doping-Affäre" hätte Schumachers Karriere im Vorjahr fast einen irreparablen Schaden erhalten: Seine Mutter, Ärztin von Beruf, hatte ihm ein verbotenes Asthmamittel verschrieben. Nach Klärung der Umstände verzichtete der deutsche Verband aber auf eine Sperre.
Petacchi stürzt
Jan Ullrich, der wie alle Profis unter den widrigen Witterungsbedingungen mit kühlen Temperaturen und Dauerregen litt, erreichte das Ziel mit 55 Sekunden Rückstand zu den Spitzenfahrern. Der Plan des Vorjahressiegers Savoldelli, das Rosa Trikot nach dem Belgien-Abstecher in seine Heimat zurückbringen, ging nicht auf. Nach dem ersten Ruhetag am Mittwoch beginnt der Giro in Italien am Donnerstag mit dem Mannschaftszeitfahren über 38 Kilometer in Piacenza.
Der am Vortag im Finale enttäuschende italienische Supersprinter Alessandro Petacchi stürzte auf regennasser Straße bei der Abfahrt von der Cote d’Ahin und verletzte sich am linken Knie. Fünf Helfer hatten auf ihren Kapitän gewartet und fuhren ihn wieder ans Hauptfeld heran. Mit stark gedrosseltem Tempo und Schmerz verzerrtem Gesicht erreichte der Teamkollege von Erik Zabel das Ziel im Schlepptau dreier Helfer mit 14 Minuten Rückstand.
Hoffnungen auf seinen am Vortag verpassten ersten Sieg hatte Petacchi wegen der stark ansteigenden Zielgeraden ohnehin kaum. Auf der letzten Giro-Etappe in Belgien hat der Italiener dann am Dienstag zwischen Wanze und Hotton wieder größere Chancen, wenn sich seine Verletzung als nicht so gravierend herausstellt.
DPA