Handball-WM Die glorreichen Sieben

RTL fährt voll auf Handball ab: Mit großem Aufwand überträgt der Privat-Sender die Spiele des deutschen Teams. Der Vorteil für die Zuschauer: die einheitlichen Anstoßzeiten. Nur die Kamera in der Kabine hat Bundestrainer Heiner Brand verhindert.

Sie marschieren ins Bild wie "Die glorreichen Sieben", die Mienen sind finster, die Blicke entschlossen: Untermalt vom hardrockigen Sound des Projekts X-Ray Dog mit dem Song "Dogs of War" werben die deutschen Handballer mit aggressiver Ausstrahlung im Fernsehspot für ihre Weltmeisterschaft und die Übertragung ihrer Spiele bei RTL. Der Titelverteidiger reist zwar nur mit geringen Medaillenaussichten nach Kroatien, dennoch soll es für den Kölner Privatsender bei seiner Handball-Premiere gemäß des selbstgewälten Slogans "Der ganz große Wurf" werden. "Der Erfolg steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg. Wir sind zuversichtlich, dass wir bei einem sportlichen Erfolg eine Euphorie entfachen können", sagte RTL- Sprecher Matthias Bolhöfer der Deutschen Presse Agentur dpa. Sechs Millionen Euro soll der Privatsender für die Rechte bezahlt haben. Die Zahl wurde von Bolhöfer nicht dementiert, aber auch nicht bestätigt.

"Wir werden auf alle Fälle mit großer Leidenschaft die Dinge tun, von denen wir glauben, dass wir sie tun müssen, um erfolgreich zu sein", sagte Sportchef Manfred Loppe. Ungewiss bleibt, ob wie beim WM-Finale 2007 zwischen Deutschland und Polen in der ARD in der Spitze 20,1 Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen mit der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) mitfiebern werden. Damals hatte der öffentlich-rechtliche Sender einen Marktanteil von 58,3 Prozent bejubelt.

Einheitliche Anstoßzeiten für das TV-Publikum

Handball-Novize RTL will nun mit frischen Konzepten die Publikumsgunst erobern. Insbesondere die einheitliche Anwurfzeit aller deutschen Spiele von der Vorrunde über die Hauptrunde bis zu den Platzierungsspielen um 17.30 Uhr soll dabei ein Markenzeichen sein. "Die Handball-WM ist das Größte, was man spielen kann. Da braucht man Einheitlichkeit und keine Fernsehzeitschrift mehr", erklärte Sportchef Manfred Loppe.

Mit bis zu 26 Kameras will der Sender in Zusammenarbeit mit Sportfive den Handball rund um den Weltmeister aus allen Winkeln beleuchten und neue Perspektiven vermitteln. Dazu gehören unter anderem eine sogenannte Spidercam, die an Seilen dreidimensional über das Spielfeld schwebt, sowie eine ferngesteuerte Kamera, die Szenen aus der Sicht des Torwarts zeigt. Der langjährige Auswahl-Kapitän Markus Baur soll als Experte an der Seite von Moderator Marco Schreyl mittels allerhand technischer Hilfen erklären, warum die deutsche Mannschaft gewonnen oder verloren hat. "Wir wollen den Handball verständlicher machen", versprach Loppe, "am Spiel wird sich nichts ändern. Wir sind nicht auf dem Platz, aber wollen ganz nah dran sein."

Keine Kamera in die Kabine

Ob die Nähe mittels Kamera auch bis in die Kabine reicht, ist fraglich bis unwahrscheinlich. Bundestrainer Heiner Brand hat bereits sein Veto eingelegt. "Von der Tendenz her ist er nicht so begeistert. Und wir sind die letzten, die mit dem Stemmeisen da einbrechen", erklärte RTL-Sprecher Bolhöfer.

Am Montag hatte sich der RTL-Tross mit vier Trucks auf den Weg gemacht nach Kroatien. Schon einen Tag später begannen die Aufbauarbeiten. Insgesamt wird der Sender inklusive externer Dienstleister 75 Mann vor Ort haben. "Das ist der Bedeutung des Ereignisses angemessen", sagte Bolhöfer. Bei Formel 1-Produktionen, bei denen RTL im Gegensatz zur Handball-WM auch für das Weltbild verantwortlich war, hatte der Sender bis 175 Leute im Einsatz.

DSF mit kleinerer Mannschaft

Mit wesentlich kleinerer Mannschaft berichtet das Deutsche Sportfernsehen (DSF) von der WM. Wie vor zwei Jahren überträgt der Münchner Spartensender bis zu 19 Spiele ohne deutsche Beteiligung live und startet mit dem Eröffnungsspiel am Freitag (20.15 Uhr) zwischen Gastgeber Kroatien und Südkorea. Daneben gibt es jeweils im Anschluss an die Live-Spiele Zusammenfassungen und Reaktionen aus dem deutschen Lager.

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Martin Kloth/DPA

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