Lance Armstrong leistet sich weder eine Schwäche noch verteilt er Geschenke. Auch beim großen Einzelzeitfahren der 88. Tour de France konnte keiner der Konkurrenten den Giganten aus Texas gefährden - auch Jan Ullrich nicht. Der Zeitfahr-Weltmeister von 1999 hatte sich für die 18. Etappe über 61 km von Montlucon nach Saint-Amand-Montrond viel vorgenommen, zog aber auf Rang drei mit 1:39 Minuten Rückstand wieder den kürzeren. Er musste den zweiten Rang nach 1:15,55 Stunden sogar dem Spanier Igor Gonzalez überlassen.
Routine-Sieg?
Armstrong holte sich am Freitag bei drückender Schwüle und teilweise leichten Gewitterschauern nach den Ankünften in L'Alpe d'Huez, Chamrousse und Saint-Lary-Soulan seinen vierten Etappensieg. Die restlichen beiden Abschnitte bis zum Finale in Paris am Samstag und Sonntag sind für den jetzt mit 6:44 Minuten vor Ullrich führenden Armstrong nur noch Routine.
Ullrich vergebliche Mühen
Ein Sieg beim Zeitfahren hätte für Ullrich ein willkommenes und verdientes Trostpflaster für den erneut verpassten Toursieg sein können. Aber wie beim Bergzeitfahren in Chamrousse lag Ullrich schon bei der ersten Zwischenzeit nach 21,3 km 34 Sekunden hinter Armstrong, dem am Start noch Sohn und Gattin den Rücken gestärkt hatten.
Mechanik-Probleme
Ullrich wirkte mit andauernder Distanz immer müder und angestrengter, hatte aber auch zwei Mal mit einer nicht hundertprozentig funktionierenden Pedal-Mechanik zu kämpfen. Sein Team-Kollege Andreas Klöden bestätigte seine starke Tour- Leistung mit einem überzeugenden Zeitfahren als zweitbester Deutscher.
Platz drei hart umkämpft
Neben dem Ringen um den Tagessieg herrschte am Freitag die größte Spannung im Kampf um Rang drei im Gesamtklassement. Joseba Beloki, im Vorjahr in Paris hinter Armstrong und Ullrich in der Tour-Endabrechnung dritter, verdrängte Andrej Kiwilew, bisher dritter, vom Platz auf dem Siegerpodest.
Beim letzten großen Tour-Zeitfahren im Vorjahr in Freiburg hatte Armstrong Ullrich vor dessen Haustür über 58,5 km 25 Sekunden abgenommen. Eine kleine Revanche war dem deutschen Meister danach beim olympischen Zeitfahren in Sydney geglückt, in dem er 24 Sekunden schneller als der Texaner war - mit dem kleinen »Schönheitsfehler«, dass Gold an den Armstrong-Teamkollegen Wjatscheslaw Jekimow gegangen war.