US Sport Collegesport - Skandal um die Miami Hurricanes

Seit Jahren fordern Kritiker die Reformatierung des College-Sport-Systems, das den Universitäten erlaubt, Milliarden mit den Sportlern einzunehmen, denen sie lediglich Bildung, Kost und Logis im Gegenzug bieten dürfen. Ein mutmaßlicher Skandal um die University of Miami gibt den Kritikern neue Nahrung.

Große Fernseher, dicke Autos, Bargeldzahlungen und Sex-Partys mit Prostituierten in Hotelzimmern sind nur einige der Annehmlichkeiten, die ein Gönner College-Spielern in Südflorida beschert haben will. Wenn man dem im Gefängnis einsitzenden Ex-Förderer Nevin Shapiro und seiner Beichte bei YahooSports Glauben schenken darf, ging es acht Jahre lang hoch her für einige Football- und Basketballspieler der University of Miami Hurricanes.

Shapiro will 72 Studenten, denen es laut Statuten des Collegeverbandes NCAA verboten ist, Geld für ihre sportlichen Leistungen anzunehmen, alle oben genannten Annehmlichkeiten in den Jahren von 2002 bis 2010 ermöglicht haben. Dabei haben er, aber auch die Spieler und einige Coaches, wissentlich die Regeln verletzt. Seit einem knappen Jahr arbeitet Shapiro die Ereignisse nun nicht mehr nur mit YahooSports und den Behörden auf, die NCAA ist mittlerweile ebenso eingeschaltet.

Freundschaft kann man nicht kaufen

Shapiro, der durch das boomende Immobiliengeschäft in Miami Beach Ende der 90er Jahre zu Geld gekommen war, leistete sich 2001 erstmals das 12.000 Dollar teure Privileg, als sogenannter Booster bei den Miami Hurricanes einsteigen zu dürfen. Diese Förderer, meist eigentlich Absolventen der betreffenden Universität, helfen den jeweiligen Sportprogrammen der Hochschulen mit Geldzuwendungen dabei, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Später habe sich die Sache jedoch verselbstständigt, behauptet zumindest der Ex-Booster und derzeitige Häftling, der wegen Millionenbetrugs in Höhe von 930 Millionen Dollar im Gefängnis sitzt. Shapiro, der sich zunächst an einige seiner ehemaligen Günstlinge gewandt haben will, aber keine Antwort bekam, wolle nun reinen Tisch mit den damaligen Vorgängen rund um die Hurricanes machen und „die Fassade" der Universität „herunterreißen", wie ihn sports.yahoo.com zitierte.

Da nicht nur die Spieler, von denen viele heute "zivilen" Berufen nachgehen, einige dagegen noch in der NFL aktiv sind, sondern auch mindestens sechs Coaches der Hurricanes von den Vorgängen wussten, könnte es der Uni an den Kragen gehen. Dass Shapiro zudem High School-Spieler, die zu den Hurricanes geholt werden sollten, mit eben diesem Wissen der Coaches per Privatflugzeug einfliegen ließ und sie mit Auftritten in seiner Villa, dem Zugang zu Nachtclubs oder sogar Striplokalen nach Miami locken wollte, dürfte nicht strafmildernd wirken. Im Gegenteil, sämtliche Zuwendungen an potenzielle Spieler sind für die Universitäten ebenfalls verboten.

Kein Einzelfall

Dass eben jene Vorgänge an den großen Sport-Unis nichts Besonderes und meist ein offenes Geheimnis sind, davon geht der Großteil der Experten aus. Nicht umsonst sieht sich die University of Southern California derzeit für alle Bowl Games, also die Endspiele der Colleges, gesperrt, außerdem wurde die Anzahl der zu vergebenden Stipendien von der NCAA um 20 beschnitten. Und dies, weil Reggie Bush, derzeit als Running Back bei den Miami Dolphins unter Vertrag, und OJ Mayo, von den Memphis Grizzlies, mit finanziellen Zuwendungen nach Los Angeles gelockt werden sollten.

Und die Ohio State Buckeyes, ein ähnliches College-Schwergewicht wie die Hurricanes und die USC Trojans, stehen nicht nur mit weniger Spielern für die kommende Saison da, sondern müssen auch auf ihren langjährigen Coach Jim Tressel verzichten. Tressel hatte nach Bekanntwerden von Verstößen gegen die NCAA-Regeln durch mehrere Spieler einräumen müssen, von den Vorgängen bereits seit geraumer Zeit gewusst zu haben. Er habe dies aber intern regeln wollen - ein Fehler, wie er bei seinem Rücktritt zugeben musste.

Insgesamt hatten, so die neuesten Zahlen von Sports Illustrated, 28 Spieler der Buckeyes in den Jahren 2002 bis 2010 unter anderem Meisterringe und Trikots für Tattoos eingetauscht - auch dies ist laut den NCAA-Regeln verboten. Fünf Spieler sind für fünf Spiele der neuen Saison gesperrt. Einer von ihnen, Quarterback Terelle Pryor, zog daraus seine persönlichen Konsequenzen und heuerte schließlich in der NFL an. Der seit Montag frischgebackene Oakland Raider muss jedoch auch bei den Profis die ersten fünf Partien aussitzen.

Was blüht den Hurricanes?

Für die University of Miami steht indes noch nicht fest, welche Bestrafung von Seiten der NCAA droht. Laut espn.com sollen die Vorgänge um 15 aktuelle Spieler - sowohl vom Football- als auch vom Basketballteam - vom Collegeverband untersucht werden. Die ehemaligen Akteure müssen dagegen wenig befürchten.

Welche Strafe die Universität bekommt, steht zudem ebenfalls noch in den Sternen. Eine Strafe ähnlich der für USC steht derzeit im Raum, allerdings wollen einige Experten die sogenannte Death Penalty nicht ausschließen. Dies würde bedeuten, dass die Hurricanes für einen Zeitraum überhaupt kein Football-Programm unterhalten dürften.

Diese harsche Maßnahme musste bis dato nur die Southern Methodist University aus Texas in den Jahren 1987 und 1988 hinnehmen. Die SMU Mustangs fanden bis heute nicht mehr zu ihrer alten Stärke zurück. Der Unterschied: Die SMU war bereits auf Bewährung. Ob die NCAA wirklich eines ihrer besten Teams zu diesem sportlichen Tod verurteilen will, bleibt fraglich. Allerdings ist diese Maßnahme nicht vom Tisch, wie NCAA-Präsident Mark Emmert unlängst unter anderem der New York Post erklärte.

Umbruch nötig?

Nicht nur die Vorgänge um die Hurricanes bestätigen Kritiker des derzeitigen College-Systems erneut. Bereits im Zuge der Buckeyes-Suspendierungen hatte unter anderem Politiker Ralph Nader eine Reformierung gefordert. Es sei doch anachronistisch und widersprüchlich, so die Kritiker, ein Millionen- wenn nicht sogar Milliardengeschäft mit Amateuren durchzuführen, denen noch nicht einmal erlaubt ist, ihre eigenen Besitztümer wie Meisterringe zu verkaufen.

Während Nader jedoch die Amateurisierung des Systems fordert, wollen andere, wie der ehemalige NCAA-Boss Walter Byers, eher eine moderate Bezahlung der Sportler. Beide sind sich jedoch einig und sprechen dabei etwas aus, was viele Amerikaner denken und die Skandale um Miami, USC und Ohio State unterstreichen: Es muss sich etwas ändern.

Sven Kittelmann

sportal
sportal.de

PRODUKTE & TIPPS