Einen Tag nach dem ersten WM-Einzeltitel ihrer Laufbahn im Sprint gewann sie am Sonntag wie zuvor Ole Einar Björndalen auch das Verfolgungsrennen über 10 Kilometer und ist gemeinsam mit dem Norweger nach dem ersten WM-Wochenende bereits das "Biathlon-Königspaar" von Hochfilzen. Der 31-jährige Norweger schaffte bei den 40. Weltmeisterschaften im Tiroler Biathlon-Dorf trotz drei Strafrunden einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg im 12,5 km langen Verfolgungsrennen. Disl übernahm nach dem letzten Schießen und insgesamt vier Strafrunden wieder die Führung, die sie souverän vor der Chinesin Xianying Liu (17,9 s zurück) verteidigte. Das WM-Wochenende brachte ihr rund 80.000 Euro an Prämien ein.
Glück gehabt
"Ich kann das alles noch nicht begreifen. Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet. Das ist wie ein Traum, die Krönung meiner Laufbahn", jubelte die 34-jährige Biathletin vom SC Moosham, deren Sieg am Samstag das 50. WM-Gold für die deutschen Skijäger war. Nach ihren zwei "Fahrkarten" beim ersten Stehendschießen hatte Uschi Disl den Sieg am Sonntag bereits abgeschrieben. "Hoppla, das war's", sei ihr durch den Kopf geschossen. Doch beim letzten Anschlag habe sie mitbekommen, dass "die anderen auch daneben ballern. Als ich beim Rauslaufen auf die letzte Schleife hörte, dass Liu mit neun Sekunden Rückstand Zweite war, kam der Gedanke an den Sieg, weil die Chinesin nämlich Probleme in den Abfahrten hat", erzählte "Turbo-Disl" im Ziel, nachdem sie ihrem Vater Sepp um den Hals gefallen war.
Zwei Mal aufs Siegertreppchen stürmte auch Sven Fischer. Dem Silberrang im Sprint ließ der Oberhofer am Sonntag trotz keinesfalls idealer Ski und dreier Strafrunden - wie Björndalen - Platz drei hinter dem bereits 38-jährigen Russen Sergej Tschepikow folgen. Das gute Abschneiden der deutschen Männer komplettierten Michael Greis (Nesselwang/6. im Sprint, 5. in der Verfolgung) sowie der entthronte Titelverteidiger Ricco Groß (Ruhpolding/7. Sprint, 6. Verfolgung).
Mehr wäre möglich gewesen
Dabei lag Greis am Sonntag bis zum letzten Schießen sogar auf Rang zwei, ehe er die 20. und letzte Scheiben verfehlte. "Normalerweise ist ein Fehler kein Beinbruch, doch hing heute hier leider die Medaille dran", ärgerte sich der Allgäuer. Fischer baute seine Führung im Gesamtweltcup auf 16 Punkte vor dem Franzosen Raphael Poiree aus. Kati Wilhelm (Zella-Mehlis) musste mit 680 Punkten das Gelbe Trikot an Olga Pylewa (Russland/726) abgeben.
Obwohl die deutschen Männer mit den beiden Medaillen bereits ihre WM-Zielstellung erfüllt haben, war Bundestrainer Frank Ullrich am Sonntag stinksauer. "Die Sportler haben alles super gemacht, sich fantastisch verkauft, auch wenn ohne den einen oder anderen Fehler noch mehr möglich gewesen wäre", lobte Ullrich und kritisierte heftig die WM-Organisatoren. "Wie heute die Blutkontrollen vor dem Rennen abgelaufen sind, hat die Sportler total verunsichert und ihre Vorbereitung extrem gestört", schimpfte er. "Michi Greis und Sven wurden einfach vom Frühstückstisch hoch gescheucht."
Chaos bei den Blutkontrollen
Das führte dazu, dass beispielsweise Sven Fischer von "Stress pur" sprach. "Ich konnte weder Ski testen noch mich richtig einlaufen", berichtete der Thüringer. Trotzdem verteidigte er die Blutkontrollen vor dem Rennen. "Da sind wir total dafür. Doch logistisch muss das einfach besser ablaufen. Ich konnte nicht 'mal gescheit frühstücken, weil wir fast eine Stunde mit dem Auto unterwegs waren", berichtete er über den Einsatz der "Chaperone" genannten Doping-Beauftragten.