Kinakoni – Ein Dorf gegen den Hunger Kann ich einen Schüler unterstützen? Wo gibt es Materialien? Das fragten Leserinnen und Leser zum Kinakoni-Projekt

Dorfbewohner sitzen um eine Karte und planen
In einem Workshop diskutieren Dorfbewohner anhand einer Karte über die Herausforderungen ihrer Heimat
© Jonas Wresch / stern
Drei Jahre lang werden der stern und die Welthungerhilfe gemeinsam mit den Menschen des Dorfs Kinakoni nach Lösungen gegen den Hunger suchen. Hier die wichtigsten Fragen unserer Leserinnen und Leser – und unsere Antworten.

Es ist ein einzigartiges Projekt. Gemeinsam mit der Welthungerhilfe begleitet der stern den kleinen Ort Kinakoni im Südosten Kenias, um die Gründe für die Rückkehr des Hungers in vielen Gegenden Afrikas zu zeigen und mit den Menschen vor Ort Lösungen zu finden, die auch in anderen Orten angewendet werden können. Start-ups aus Nairobi helfen uns dabei.

Uns erreichten viele positive Rückmeldungen wie auch Spenden – dafür sagen wir und die Menschen aus Kinakoni: Vielen Dank! Einige Leserinnen und Leser wandten sich auch mit Fragen an uns. Hier die Antworten auf einige Themen, die besonders viele interessierten:

"Am meisten hat mich der Artikel des Jungen berührt, der Klassenbester ist und gern studieren möchte. Ich würde gern die Schulgebühren fürs Abitur übernehmen oder einen Teil dazu beisteuern. Gibt es die Möglichkeit, dieses Projekt direkt zu unterstützen?"

Die Geschichte des 19-jährigen Jeremiah Mbai aus der Secondary School von Kinakoni sprach viele Leser an. Jeremiah ist der Beste seines Jahrgangs, kann aber immer wieder nicht zur Schule gehen, weil seiner Mutter das Geld für die Schulgebühren fehlt. Schulgeld ist in Kenia üblich, auch für die staatlichen Schulen. Bei der Primary School von Kinakoni liegt dieses bei umgerechnet monatlich knapp fünf Euro. Die Secondary School kostet für "Boarder", also für Jungs oder Mädchen, die auch dort schlafen, wie Jeremiah es tut, im Monat etwa 18 Euro.

Wäre es nicht eine einfache und tolle Geste, die Kosten für einen Schüler wie Jeremiah zu übernehmen? Auf den ersten Blick stimmt das, und es freut uns auch, dass Leserinnen und Leser dazu bereit sind. Wir haben uns allerdings aus mehreren Gründen dagegen entschieden, direkt einzelne Personen zu fördern: Wir fänden es unfair gegenüber anderen Lernenden, die in derselben Lage sind wie Jeremiah, über die wir aber nicht berichtet haben. Wir möchten auch kein Abhängigkeitsverhältnis schaffen, bei dem Einzelne an der Unterstützung aus Deutschland hängen. Eine Art "Patenschaft" würde den Status quo zementieren: hier die, denen immer geholfen werden muss – und dort die Helfer aus dem Ausland.

Unser Plan ist, dass wir in Kinakoni nicht nur die Schule renovieren, sondern mit lokalen Partnern ein Modell entwickeln, in dem wir besonders fähige Schüler und Schülerinnen fördern – um das dann auch in anderen Gegenden zum Einsatz zu bringen. Jeremiah mit seinem Können und seinem Willen ist übrigens mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kandidat, der davon profitieren wird.

Kinakoni liegt etwa 250 Kilometer südöstlich von Kenias Hauptstadt Nairobi. Etwa 5000 Menschen leben hier
Kinakoni liegt etwa 250 Kilometer südöstlich von Kenias Hauptstadt Nairobi. Etwa 5000 Menschen leben hier

"Die gute alte Erde fühlt sich angesichts von fast acht Milliarden Menschen überfordert. Und da setzt ein Elternpaar in unverantwortlicher Weise sieben Kinder in die Welt, obwohl die Eltern von vornherein wissen, dass sie ihren Nachwuchs nicht richtig ernähren können. Zu bedauern sind die armen Kinder, aber die Eltern müssten eigentlich bestraft werden. Die Entwicklungshilfe müsste vor allem in Afrika auf das Thema Geburtenkontrolle und Verhütungsmittel beschränkt werden."

Auch die Anzahl der Kinder der Familien von Kinakoni interessierte viele Leserinnen und Leser. Tatsächlich haben zahlreiche Familien in dem Dorf viele Kinder; Makali und Lina Kilii, auf die sich diese Zuschrift bezieht, etwa haben sieben. Hinzu kommt: Teenagerschwangerschaften sind in vielen ländlichen Gegenden Kenias wie auch Afrikas ein Problem, Mädchen werden mit 15, 16, oder 17 zur Mutter, auch weil zu wenig über Familienplanung oder Verhütung bekannt ist. Das führt in einigen Ländern Afrikas zu einem sehr starken Bevölkerungswachstum.

Niger ist dafür ein sehr anschauliches Beispiel: Jedes Jahr nimmt die Zahl der Nigrer um 3,9 Prozent zu. Wenn die Wachstumsrate unverändert hoch bleibt, könnte das Land schon 2050 nahezu 90 Millionen Einwohner haben – fast dreißigmal so viele wie 1960, als Niger unabhängig wurde.

Eine hohe Kinderanzahl ist allerdings für die allermeisten Familien kein Selbstzweck. Dahinter steckt der Gedanke: Nicht alle Kinder werden wohl überleben. Und: Kinder sind in Gesellschaften, die vor allem auf informeller Ökonomie beruhen, also in einem System ohne weitreichende Renten- oder Pensionszahlungen, ein wichtiger Faktor in der Alterssicherung.

Ein unlösbares Dilemma also? Keineswegs. Erfahrungen und Studien zeigen, dass die Anzahl der Kinder verlässlich mit dem steigenden Entwicklungsstand einer Gesellschaft abnimmt. In Kenia selbst bekamen Frauen Ende der siebziger Jahre im Durchschnitt noch über sieben Kinder, heute sind es 3,4. In Botsuana, einem der stabilsten und am weitesten entwickelten Länder des Kontinents, ist die Zahl schon auf 2,8 gesunken.

Diese Entwicklung lässt sich auch unterstützen: Durch bessere Gesundheitsversorgung gerade auf dem Land, Zugang zu Verhütungsmitteln, Aufklärung über die Chancen von Familienplanung. Dieses Thema haben wir auch in Kinakoni auf der Agenda, gemeinsam mit den Menschen vor Ort. Und Josephine Mbuvi, die Vorsteherin des Ortes, ist selbst jemand, die das Thema in Gesprächen mit jungen Männern und Frauen sehr stark forciert.

In einem einzigartigen Projekt suchen der stern und die Welthungerhilfe gemeinsam mit den Menschen aus dem Dorf Kinakoni in Kenia nach neuen Lösungen gegen den Hunger. Hier finden Sie alle Infos. Die Arbeit vor Ort wird unter anderem unterstützt von der Deichmann Stiftung, der Wilo Foundation, der Stiftung Block und im Bereich des Schulneubaus von der Regine-Sixt-Kinderhilfe-Stiftung. Die Ernährungslage in Kinakoni ist vor allem aufgrund von Dürre und Preissteigerungen kritisch, das Projekt ist weiterhin auf Spenden angewiesen. Helfen Sie uns, den Menschen von Kinakoni beim Kampf gegen den Hunger zu helfen – bitte unterstützen Sie unsere Initiative. Jeder Euro geht vor Ort ins Projekt. Hier können Sie direkt spenden.
In einem einzigartigen Projekt suchen der stern und die Welthungerhilfe gemeinsam mit den Menschen aus dem Dorf Kinakoni in Kenia nach neuen Lösungen gegen den Hunger. Hier finden Sie alle Infos. Die Arbeit vor Ort wird unter anderem unterstützt von der Deichmann Stiftung, der Wilo Foundation, der Stiftung Block und im Bereich des Schulneubaus von der Regine-Sixt-Kinderhilfe-Stiftung. Die Ernährungslage in Kinakoni ist vor allem aufgrund von Dürre und Preissteigerungen kritisch, das Projekt ist weiterhin auf Spenden angewiesen. Helfen Sie uns, den Menschen von Kinakoni beim Kampf gegen den Hunger zu helfen – bitte unterstützen Sie unsere Initiative. Jeder Euro geht vor Ort ins Projekt. Hier können Sie direkt spenden.

"Warum wurde Kinakoni das Projektdorf? Ist das keine vollkommen willkürliche Entscheidung?"

Unser Grundgedanke war: Wir wollen an einem Dorf exemplarisch die Hintergründe des Hungers erklären und Lösungen finden, die auch in anderen Orten angewendet werden können. Die spannende Frage stellte sich dann: Welches Dorf?

Wir haben uns zunächst die Lage in mehreren Ländern angeschaut, in denen Hunger ein Problem ist. Burkina Faso zum Beispiel, der Niger oder den Südsudan. Dabei konnten wir auch auf die Expertise der Kolleginnen und Kollegen der Welthungerhilfe setzen, die ja meist vor Ort vertreten ist.

Schnell kam heraus: Ja, das Hungerproblem existiert tatsächlich in vielen Ländern, und ja, die Menschen dort brauchen auch Hilfe. Unser Ansatz ließe sich aber nicht überall so verwirklichen, weil die Lage zu instabil ist. Im Süden von Burkina Faso oder des Nigers häufen sich seit einiger Zeit Überfälle zum Beispiel von Boko Haram oder anderen islamistischen Gruppierungen. Die Gefahr hätte bestanden, dass ein Dorf, mit dessen Menschen wir gemeinsam das Projekt begonnen hätten, in dieser Form, an diesem Ort, möglicherweise sechs Monate später nicht mehr existiert hätte. Hinzu kommt: Der entscheidende Punkt unserer Idee, die Einbeziehung der lokalen Gründerszene, wäre kaum zu bewerkstelligen gewesen – die ist in Ougadougou oder in Niamey eher klein.

So kamen wir auf Kenia. Hier finden sich beide Faktoren: Der Hunger ist in Teilen des Landes wieder auf dem Vormarsch. Es gibt aber in Nairobi auch eine umtriebiges Start-up-Szene. Innerhalb Kenias analysierten wir dann verschiedene Landesteile: Im Westen ist die Lage hinsichtlich Hunger und Mangelernährung zurzeit nicht besonders dramatisch – im Norden wiederum ist die Lage dagegen zu dramatisch, für das, was wir verwirklichen wollen. Dort sind die Menschen zurzeit auf direkte Geld- oder Lebensmittelhilfen angewiesen.

Das brachte uns wiederum auf den County Kitui im Südosten. Der Landstrich ist von der aktuellen Dürre stark betroffen – die Lage ist aber nicht so existentiell, als dass man nicht auch auf Technologie basierende langfristige Maßnahmen einsetzen könnte. Und als wir dann vor Ort mit den Menschen in Kinakoni sprachen, als wir merkten, wie begeistert sie von der Idee waren, da war uns klar: Kinakoni ist die perfekte Nusschale.

Hätte es auch ein anderer Ort sein können? Natürlich. Kinakoni steht ja für hunderte, für tausende Dörfer. Ist unsere Entscheidung total willkürlich? Wir hoffen erklärt zu haben, dass es nicht so war. Unser Entscheidungsweg führte uns vor einer allgemeinen Idee über mehrere Länder über mehrere Regionen hin zu einem Dorf – weil uns dieses an diesem Ort für den Zweck des Findens von skalierbaren Lösungen am besten erschien. Heißt das, dass andere Dörfer keine Hilfe benötigen? Nein, natürlich nicht. Heißt das, dass wir nicht auch anderen Dörfern helfen wollen? Nein – denn wir wollen ja Lösungen erarbeiten, die sich auch dort einsetzen lassen.

"Als Erdkundelehrerin unterrichte ich eine neunte Klasse und wir behandeln aktuell das Thema 'Regen- und Trockenzeit', so dass 'Kinakoni' ein passendes und aktuelles Thema wäre, um im Unterricht aufzugreifen. Gibt es dazu Material?"

Zuschriften wie diese freuen uns besonders – denn eines unserer Anliegen ist es ja, das Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels, den Zusammenhang zwischen ausbleibenden Regen und wiederkehrendem Hunger, auch in den Schulen hier zu vermitteln. Wir sind gerade dabei, Materialien zusammenzustellen und werden diese wahrscheinlich Anfang des kommenden Jahres bereitstellen können. Darüberhinaus bietet auch unser Partner Welthungerhilfe Unterrichtsmaterial an. Eine Übersicht finden Sie hier.