Beschäftigungsgesellschaft Hilfe für die Opelaner

Die Angst vor einer Entlassung lässt den Opel-Beschäftigten in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern in diesen Wochen keine Ruhe. Jetzt soll eine Beschäftigungsgesellschaft den Aufprall in die Arbeitslosigkeit dämpfen - vielleicht.

Dass in jedem Fall Jobs verloren gehen, weiß auch der Betriebsrat des Autoherstellers. Nun soll eine Beschäftigungsgesellschaft verhindern, dass die Opelaner direkt vom Band in die Arbeitslosigkeit wandern. An diesem Dienstag (7.12.) will der amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) entscheiden, ob das Instrument bei der Sanierung der verlustreichen Tochter eingesetzt wird. Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (BQG) sind bei Pleiten oder Sanierungen von Unternehmen ein häufig verwendetes Mittel - zum Beispiel beim Elektronik-Konzern Grundig oder jüngst beim Modellbahn-Hersteller Märklin. Auch in der Autoindustrie kommen sie bei Zulieferern zum Einsatz. Für die in aller Welt bekannten deutschen Autohersteller wäre eine Auffanggesellschaft dieser Größenordnung nach Branchenangaben jedoch eine Premiere. Bis zu 10.000 Arbeitsplätze will GM bei Opel streichen. Laut einem Bericht der "Automobilwoche" könnten rund 7500 Mitarbeiter in die neu zu gründenden Gesellschaften an den einzelnen Standorten wechseln.

Arbeitssuche ohne Zeitdruck

Beschäftigungsgesellschaften ermöglichen von Entlassung bedrohten Arbeitnehmern, sich ohne Zeitdruck nach neuen Jobs umzuschauen und weiterzubilden. Meist können die Wechselwilligen mindestens ein Jahr lang etwa 80 Prozent ihres alten Nettolohns beziehen. Je nach Familienstand übernimmt davon das Arbeitsamt 60 bis 67 Prozent als Kurzarbeitergeld. Der Arbeitgeber muss den Unterschied sowie Sozialabgaben und Zuschüsse für die Qualifizierung bezahlen. Bei mehreren Tausend Beschäftigen würden erhebliche Kosten auf Opel zukommen - von bis zu einer Milliarde Euro für alle Sanierungsmaßnahmen ist zusammen genommen die Rede.

Als entscheidend für den Erfolg gilt die Motivation, mit der ehemalige Mitarbeiter in eine Auffanggesellschaft wechseln. Für die Opelaner, die stolz auf ihren Job in dem traditionsreichen Unternehmen sind, könnte die Enttäuschung groß sein. "Viele haben dort ihre Ausbildung absolviert und erwarten, auch bei Opel in Rente zu gehen. Die Betriebsbindung ist ungeheuer groß", sagt ein Branchenkenner, der wegen möglicher Interessenkonflikte nicht namentlich genannt werden will. Außerdem seien die Opel-Beschäftigten übertarifliche Leistungen gewohnt. "Sie müssen sich erst einmal vorstellen können, überhaupt für einen anderen Arbeitgeber zu arbeiten - das ist die Hauptaufgabe der Beschäftigungsgesellschaft."

Zweifel an Mitziehen von GM

Betreiber der Transfergesellschaften sind spezialisierte Dienstleister mit Namen wie Refugio oder Mypegasus. Sie sind manchmal selbst aus einem angeschlagenen Unternehmen heraus entstanden. Jeder neue Großauftrag ist eine logistische Herausforderung und im Fall von Opel auch die bestmögliche Werbung für einen solchen Dienstleister. Bei dem Unternehmen stehen daher bereits seit den ersten Gerüchten über die Einrichtung einer Beschäftigungsgesellschaft die Anbieter Schlange.

morgenstern

Es geht ums Geld – der Finanz-Newsletter

Ob Bausparvertrag oder Bitcoin – machen Sie mehr aus IhremGeld: Der stern weist Ihnen in diesem Newsletter den Weg durch den Finanz-Dschungel, kompakt und leicht verständlich. Immer freitags in Ihrem Postfach.  Hier geht es zur Registrierung.

Es gibt berechtigte Zweifel, ob General Motors einer derart teuren Lösung zustimmen wird. In den 1980er Jahren scherte sich das Unternehmen wenig um die entlassenen Mitarbeiter am Standort Flint (Bundesstaat Michigan). Die Folgen waren Armut und ein rasanter Anstieg der Kriminalität, der Flint über Jahre die höchste Mordrate in den ganzen Vereinigten Staaten bescherte. Vielleicht hat GM daraus aber auch seine Lektion gelernt und stimmt dem Vorschlag zu. Für die Opel-Mitarbeiter wäre die Auffanggesellschaft ohnehin nur ein Hoffnungsschimmer. Von 760 Mitarbeitern in der BQG bei Grundig fanden nur ein knappes Drittel einen neuen Job. Alle anderen waren nach einem Jahr arbeitslos.

DPA
Alexander Missal, dpa

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos