Die Sache ist simpel: Wenn ich nur ganz wenig oder gar keine Steuern zahlen will, darf ich nichts oder nur wenig verdienen. Oder ich mache es wie abertausende Firmen und manch betuchte Privatiers weltweit: Ich verdiene nur etwas in Ländern, die ganz wenig Steuern verlangen. So wie Blackrock zum Beispiel, weltgrößter Geldanlage-Verwalter, in dessen Diensten auch schon Friedrich Merz gestanden hat.
Wie Blackrock & Co Steuern sparen
Wie das geht? Im Kern genauso simpel. Ich gründe eine Vertriebsfirma A in Deutschland. Die verkauft meine Waren oder Dienstleistungen. Vom Blumentopf bis zu einem x-beliebigen sonstigen Artikel. Mein Aufwand dafür ist nicht riesig, mein Gewinn folglich schon. Auf den müsste ich Steuern zahlen. Günstig, dass es noch eine Verwaltungsfirma B gibt. Der gehört meine Geschäftsidee. Einfach nur die Idee. Und die sitzt zum Beispiel in Irland. Oder Luxemburg. Renommiert, seriös, EU. Dort werden Firmengewinne allerdings niedriger besteuert als hierzulande. Nun schreibt Firma B fleißig Rechnungen an meinen Laden A. Und ich bezahle die natürlich. Der Mitarbeiter des Hauses B könnte diese Rechnungen durchaus im Homeoffice schreiben. Nachtigall, ich hör‘.... Zum Beispiel für Beratung. Oder Nutzung von Lizenzen, meiner Idee, Software oder sonst was. Hauptsache reines Gedankengut, bei nahezu null Aufwand.
Und schwups: Meine schöne Firma A in Deutschland macht hier – leider, leider – keinen nennenswerten Gewinn mehr. Ergo keine nennenswerten Steuern für den deutschen Staat. Der Batzen liegt auf einem Konto von Firma B. Das nennt sich "Gewinnverlagerung", läuft seit Jahrzehnten, wird in Handbüchern haargenau beschrieben – und ist im Grundsatz legal. Aber ungerecht. Denn natürlich profitiert mein A-Geschäft von den guten Marktbedingungen in Deutschland. Und Firmen wie Blackrock profitieren zumindest von hier ausgebildeten Fachkräften wie Friedrich Merz.
Nun könnte Herr Merz, mittlerweile ja Bundeskanzler, drei Dinge tun, um der Ungerechtigkeit Herr zu werden: Erstens meine A-Umsätze direkt besteuern, an der Quelle ohne Gegenrechnung von Aufwand, wie die Fachleute das nennen. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer scheint so etwas im Kopf zu haben für die US-Tech-Konzerne – ein ökonomisch begründbarer Sonderfall. Der Kanzler könnte – zweitens – die Gewinnsteuern für Firmen so sehr senken, sodass sich Verlagerung zur Firma B nicht mehr lohnt. Das will er so ein bisschen machen, allerdings nur, wenn die Firmen in Deutschland investieren. Was nicht dumm klingt. Denn das dritte Ding, eine internationale Mindestbesteuerung von Firmengewinnen, wurde ja politisch immer wieder mal versucht. Ich glaube jedoch bis auf Weiteres nicht mehr an deren Wirksamkeit. Denn wären mir Steuern in Irland oder Luxemburg immer noch zu hoch, könnte ich Firma B zum Beispiel in den US-Bundesstaat Delaware umziehen. Da zahlt man unter zehn Prozent. Sehr beliebt.
Mehr Steuerspar- oder Sexualtrieb?
Peer Steinbrück, Ex-SPD-Finanzminister, wird das Bonmot zugeschrieben, der Steuerspartrieb sei in Deutschland stärker ausgeprägt als der Sexualtrieb. Ich erkläre hier öffentlich: bei mir nicht. Und ich käme mir irgendwie schäbig vor, mich als Unternehmer hierzulande nicht angemessen an der Finanzierung des Gemeinwohls zu beteiligen. Was für Manager multinationaler Konzerne mit Blick auf deren Anteilseigner natürlich kein bilanzwirksamer Denkansatz sein kann. Es geht nur um eines: Renditemaximierung. Find‘ ich grundsätzlich nicht schlimm, und für mich persönlich auch nicht schlecht. Aber nicht viel wert ohne ein funktionierendes Gemeinwesen.