Natalya Nepomnyashcha ist mit Hartz-IV aufgewachsen. Mittlerweile arbeitet sie seit drei Jahren erfolgreich bei der Unternehmensberatung EY. Die 33-Jährige hat den sozialen Aufstieg geschafft. Dabei möchte sie auch anderen Menschen aus einkommensschwachen Familien helfen – und hat daher das Netzwerk Chancen gegründet. "Soziale Aufsteiger sind oft durchsetzungsstark und lösungsorientiert, weil ihnen nie jemand die Lösung auf dem Silbertablett serviert hat“, erzählt sie bei "Die Boss“. "Sondern sie mussten selbst gucken, wie sie über viele Umwege an ihr Ziel kommen.“
Nepomnyashcha weiß, wovon sie spricht. Mit elf Jahren kam sie aus Kiew nach Augsburg. Da ihre Eltern keine Arbeit finden konnten, lebte die Familie von Hartz-IV. Das Abitur blieb ihr verwehrt. Der damalige Konrektor des Gymnasiums meinte, sie gehöre dort nicht hin. Doch Nepomnyashcha ließ sich nicht unterkriegen und ging nach England, um Internationale Beziehungen zu studieren.
"Da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen“
Rund 80 Bewerbungen schrieb sie nach dem Studium, die alle weitestgehend unbeantwortet blieben. Erst als sie in verschiedenen Vereinen tätig wurde, nahm ihre Karriere Fahrt auf. "Da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen“, erzählt sie, "natürlich hatten alle Praktika gemacht, sich im Studium schon ein Netzwerk aufgebaut und natürlich hatten sie es alle viel einfacher als ich.“
Damit es andere leichter haben als sie, gründete Nepomnyashcha 2016 das Netzwerk Chancen. Mit ihren sechs Mitarbeitenden fördert sie mehr als 2000 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren. Ihnen werden kostenfreie Workshops über Networking, Rhetorik und Karriereplanung geboten sowie Einzelcoachings, in denen sie ihre Stärken erkennen und ihre Karriereplanung in Angriff nehmen können. Netzwerk Chancen arbeitet zudem mit Unternehmen zusammen, die erkannt haben, dass zu Diversity auch die soziale Herkunft zählt. Dort gelingt Mitgliedern oft der erste erfolgreiche Karriereeinstieg.
"Wie mache ich Witze“
Oft würden Menschen aus Nichtakademikerhaushalten bei Bewerbungen nämlich das Nachsehen haben. "Wie mache ich Witze, wie putze ich mir die Nase oder wie halte ich mir den Mund zu. Das sind Sachen, die sehr subtil sind, aber eine große Rolle dabei spielen, ob man jemanden sympathisch findet oder nicht. Je höher man in der deutschen Wirtschaft kommt, desto wahrscheinlicher ist, dass man auf Entscheider:innen trifft, die aus sehr wohlhabenden Verhältnissen kommen und weil man denen sehr unähnlich ist, ist man denen eher unsympathisch“, erklärt die Gründerin.
Wie Natalya Nepomnyashcha den sozialen Aufstieg geschafft hat, warum sie früher soziale Scham empfunden hat und Menschen aus einkommensschwachen Familien besonders gute Arbeitnehmer seien, erfahren Sie in dieser Folge von "Die Boss“.
Bei "Die Boss – Macht ist weiblich" sprechen Spitzenfrauen unter sich: Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (unter anderem BMW, Deutsche Post DHL, Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen, um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. "Die Boss" erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de und dem Youtube-Kanal des stern sowie auf RTL+ und allen gängigen Podcast-Plattformen.