Kosten Erweiterung stellt EU vor neue Finanzfragen

Bei der EU-Erweiterung geht es auch um die Frage, wer eigentlich diese Rechnung bezahlen soll - denn da hört die Einigkeit auf. Bis 2006 ist der Etat weitgehend festgelegt, für die Zeit danach hat das große Feilschen um die Milliarden bereits begonnen.

Politisch ist die bislang größte Erweiterungsrunde in der Geschichte der Europäischen Union unstrittig. Mit dem EU-Beitritt von acht osteuropäischen Staaten sowie Malta und Zypern am 1. Mai ist die Teilung des Kontinents endgültig überwunden. Wenn es aber darum geht, wer die Rechnung bezahlen soll, dann hört es mit der Einigkeit schon auf. Bis 2006 ist der Etat weitgehend festgelegt. Für die Zeit danach aber hat das große Feilschen um die Milliarden bereits begonnen.

Neue EU wird 220 Milliarden Euro teurer

Die EU-Kommission rechnet vor, dass eine Gemeinschaft mit 25 Mitgliedern bis zum Jahr 2013 insgesamt bis zu 220 Milliarden Euro mehr kosten wird als dies mit den 15 Mitgliedstaaten der Fall gewesen wäre. Für Deutschland etwa hieße das rund 44 Milliarden Euro Mehrkosten insgesamt und sechs Milliarden pro Jahr. Die Brüsseler Behörde argumentiert, die Einigung des Kontinents koste eben Geld. Und Kommissionspräsident Romano Prodi verweist auch darauf, dass die EU nicht nur größer wird, sondern dass ihr die Mitgliedstaaten auch zunehmend Aufgaben übertragen.

Die Bundesregierung und die anderen Nettozahler sehen das freilich ganz anders. Geht es nach ihr, dann soll für die erweiterte Union nicht wesentlich mehr Geld ausgegeben werden als dies heute der Fall ist. Gemäß dem Kommissionsvorschlag würde die EU jährlich 1,14 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung ausgeben, was in etwa 132 Milliarden Euro im Jahr entspricht. Die sechs Nettozahler Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, die Niederlande und Schweden wollen die Ausgaben aber auf ein Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzen.

Ausgaben sollen geringer wachsen

Dies bedeutet zwar kein Einfrieren des Haushalts, die Ausgaben würden allerdings wesentlich geringer wachsen als von Brüssel gefordert. Die, die bislang am meisten Geld aus Brüssel bekommen haben, sollen sich nach Auffassung der Bundesregierung jetzt solidarisch zeigen und auf die Zuwendungen aus Brüssel verzichten. Am meisten Geld gibt die EU bislang mit weit mehr als 40 Milliarden Euro für die Landwirtschaft aus, gefolgt von den Beihilfen für strukturschwache Regionen mit gut 30 Milliarden. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission würden allerdings die Strukturhilfen künftig größter Posten werden.

Wo aber soll die EU sparen? Die Agrarausgaben sind nach einem Kompromiss zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac vom Herbst 2002 bis 2013 schon weitgehend festgelegt. Bleiben also die Strukturfonds, von denen bislang vor allem Spanien profitiert hat. Für die Bundesregierung ist die Rechnung einfach: Die Regionen, die über Jahre und Jahrzehnte mit Brüsseler Geld aufgepeppt wurden, sollen ihre Pfründe nun an die armen Cousins im Osten weitergeben. Dies würde im übrigen auch für Ostdeutschland gelten.

Löwenanteil soll an die alten Länder gehen

Aber auch davon will die EU-Kommission nichts wissen. In ihrem Vorschlag für Zahlungen aus dem Strukturfonds von 2007 bis 2013 veranschlagt die Behörde ein Gesamtvolumen von 336 Milliarden Euro. Und davon soll nicht etwa der Löwenanteil in den armen Osten fließen: Fast 52 Prozent der Summe ist für die 15 alten EU-Staaten vorgesehen, die neuen zehn sollen 42 Prozent bekommen, die verbleibenden gut sechs Prozent sind für Bulgarien und Rumänien vorgesehen, die der EU 2007 beitreten sollen.

Dass die zehn neuen Mitgliedsländer Geld aus Brüssel bitter nötig haben, zeigt allein die Statistik. Mit der Erweiterung erhöht sich die Zahl der EU-Bevölkerung zwar um gut 70 Millionen auf 455 Millionen Menschen. Das Bruttoinlandsprodukt der EU steigt dagegen nur von 9,169 Billionen auf 9,613 Billionen Euro. Die Entscheidung über die Gesamthöhe des EU-Etats und die Verteilung des Geldes obliegt letztlich den Mitgliedstaaten. Bis spätestens 2006 müssen sich die Regierungen einstimmig auf einen neuen Finanzrahmen verständigen. Und was schon mit 15 nicht ganz einfach war, wird mit 25 noch schwieriger.

Gewaltige Märkte

Doch die Mittel, die die alten EU-Staaten über Brüssel nach Osten transferieren, sind nur die eine Seite der Medaille. Vergessen werden darf nicht, dass sich in den neuen Mitgliedstaaten besonders für Unternehmen aus den alten EU-Ländern gewaltige Märkte erschließen lassen. Auch hier sprechen die Zahlen für sich. So besitzen nach jüngsten EU-Zahlen von 100 Polen lediglich 27 ein Auto, im Durchschnitt der alten EU sind es 49; und nur 36 von 100 Polen haben ein Mobiltelefon, in der alten EU sind es 78.

AP · DPA
Alexander Ratz, AP