Die Bundesregierung gibt sich trotz ernüchternder Zahlen vom Statistischen Bundesamt kämpferisch-optimistisch. "Das in Deutschland anziehende Wachstum wird sich positiv auf das Jahr 2005 auswirken", sagte Stefan Giffeler, Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Er bezieht sich auf die am Dienstagmorgen veröffentlichen Zahlen, nach denen das deutsche Haushaltsdefizit im ersten Halbjahr 2004 eine Quote von vier Prozent erreicht habe und die Bundesrepublik damit erneut die so genannten Maastricht-Kriterien verfehlen würde.
Bußgelder bei zu hoher Verschuldung
Dieser Euro-Stabilitätspakt sieht für den Fall, dass die Haushaltsdefizite längere Zeit drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreiten, hohe Bußgelder vor. Die Strafe beträgt je nach Höhe der Überschreitung 0,2 bis 0,5 Prozent des BIP. Deutschland hatte bereits im vergangenen Jahr mit einem Defizit von 3,5 Prozent gegen den zulässigen Referenzwert verstoßen. Die EU-Kommission hatte deswegen bereits ein Defizit-Verfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Es wurde jedoch von den EU-Finanzministern gegen Sparzusagen aus Berlin auf Eis gelegt.
Das Finanzministerium glaubt, die Bundesamt-Zahlen ließen noch keine Rückschlüsse auf das Gesamtjahr zu. Allein schon wegen ungleichmäßig verteilter Einnahmen und Ausgaben im Jahresverlauf sowie dem hohen Schätzanteil würden kaum eine sinnvolle Interpretation erlauben, so Ministeriumssprecher Giffeler. Entscheidend seien die positiven Wachstumszahlen beim Bruttoinlandsprodukt, die sich auch positiv auf die weitere Defizitentwicklung im Jahr 2004 auswirken würden. sagte er. "Diese positiven Wachstumsimpulse stützen die Bundesregierung in ihrem Ziel, im Jahresverlauf 2005 das Drei-Prozent-Kriterium einzuhalten."
Konjunkturerholung dank Exporte
Dem Statistischen Bundesamt zufolge habe sich Konjunktur hat in Deutschland dank starker Exporte auch im zweiten Quartal 2004 weiter erholt. Der private Konsum dagegen leistete jedoch keinen Beitrag zum Wirtschaftswachstum. Im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres wurde beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) saison- und kalenderbereinigt ein realer Zuwachs von 0,5 Prozent verzeichnet, so die amtlichen Statistiker am Dienstag. Es sei der höchste Zuwachs seit Anfang 2001 gewesen. Im ersten Quartal hatte das Wirtschaftswachstum noch 0,4 Prozent betragen.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal lag das Plus von April bis Juni bei 2,0 Prozent, wovon ein Viertel auf einen zusätzlichen Arbeitstag entfiel. Die Exporte legten im Vergleich zum Zeitraum Januar bis März um 3,2 Prozent und damit stärker als die Importe, die um 2,2 Prozent zulegten. Daraus ergab sich ein Exportüberschuss - der so genannte Außenbeitrag zum Wirtschaftswachstum - von 0,5 Prozent. Er fiel schwächer aus als im ersten Quartal (1,2 Prozent), was aber unter anderem durch eine etwas günstigere Entwicklung bei den Staatsausgaben und den Investitionen der Unternehmen ausgeglichen wurde. Der private Konsum stieg geringfügig um 0,1 Prozent und konnte damit seine schwach positive Tendenz fortsetzen.
Hochrechnung für 2004 muss Ende August erstellt sein
Die Bundesregierung muss ihre Hochrechnung für das Jahresdefizit 2004 Ende August der EU-Kommission melden. Dies geschieht jedoch nur auf Arbeitsebene. Die letzte offizielle Schätzung der Bundesregierung stammt von Mitte Juni. Damals war der Finanzplanungsrat davon ausgegangen, dass sich das Defizit 2004 auf rund 3,5 Prozent belaufen dürfte.