Verbraucher Mehr Geld für Trennungskinder

Die gültigen Unterhaltssätze für Trennungskinder sind angehoben worden: Ab dem 1. Juli bekommen sie einige Euro mehr. Deutlich mehr profitieren jedoch die Väter.

Trennungskindern in Deutschland steht von diesem Sommer an mehr Geld zu. Der Mindestunterhalt, den ein Elternteil für ein Kind zahlen muss, wurde zum 1. Juli um rund 2,5 Prozent angehoben. Die Unterhaltssätze in der so genannten "Düsseldorfer Tabelle" werden somit den gestiegenen Lebenshaltungskosten angeglichen. Das alle zwei Jahre vom Oberlandesgericht Düsseldorf überarbeitete Zahlenwerk gilt bundesweit als Richtschnur für die Festlegung von Kindesunterhalt. Maßgeblich für die Höhe der Unterhaltszahlung ist das verfügbare Einkommen der vergangenen zwei Jahre. Je nach Alter des Kindes und Einkommen des Unterhaltspflichtigen schwanken danach die Zahlungen je Kind in Westdeutschland zwischen 204 und 670 Euro. Für die neuen Bundesländern gelten zusätzlich zwei Niedrig-Einkommensgruppen, die "Berliner Tabelle".

In der niedrigsten Klasse gibt's fünf Euro mehr

So muss ein Elternteil mit einem monatlichen Nettoeinkommen von maximal 1300 Euro für sein bis zu fünf Jahre altes Kind statt bisher 199 nun 204 Euro zahlen. Für Sechs- bis Elfjährige gibt es 247 Euro, für Zwölf- bis 17-Jährige 291 Euro und für über 18-Jährige 335 Euro. Studierenden, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, stehen nun 640 Euro statt bisher 600 Euro zu. Väter, die in die höchste Einkommensgruppe zwischen 4400 und 4800 Euro fallen, zahlen in den gleichen Altersgruppen exakt das Doppelte.

Die Düsseldorfer Tabelle

Die Düsseldorfer Tabelle ist kein Gesetz, sondern eine Auflistung von Regelbeträgen. Sie wird von den Gerichten als Orientierungshilfe bei der Festsetzung des Kindesunterhalts angewandt. Für die neuen Bundelsänder gibt es die "Berliner Tabelle".

Der Koordinator der Düsseldorfer Tabelle Jürgen Soyka betonte, die Errechnung der Unterhaltsbeträge orientiere sich an der Einkommensentwicklung der vergangenen beiden Jahre und sei durch eine Verordnung des Bundesjustizministeriums vorgegeben. Doch nicht nur die Kinder profitieren von der Neuregelung, sondern auch viele zahlungspflichtige Väter. Denn noch stärker als die Unterhaltszahlungen steigt mit einem Plus von knapp sechs Prozent der Selbstbehalt, also das Existenzminimum, das dem Unterhaltspflichtigen zugebilligt wird.

Mehr Geld für viele Väter

Mehr als doppelt so stark wie die Unterhaltsansprüche der Kinder stieg in diesem Jahr allerdings der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils: Einem beruftstätigen Unterhaltspflichtigen bleiben nun 890 Euro (bisher 840 Euro). Das Existenzminimum für nicht Erwerbstätige wurde von 730 auf 770 Euro angehoben. Dieses Existenzminimum erhöhte sich bei Berufstätigen um fast 6 Prozent auf 890 Euro. Die Anhebung richte sich nach der Steigerung der Lebenshaltungskosten seit der letzten Erhöhung im Jahr 2001, betonte Soyka. Die Unterhaltsansprüche der Kinder waren 2003 schon einmal um 6 Prozent erhöht worden.

Was jedoch wie eine Besserstellung aussieht, ist jedoch nichts anderes als die Deckung eines dringenden Nachholbedarfs. Als die Düsseldorfer Richter die Tabelle zuletzt zum Juli 2003 aktualisierten, wurden zwar die Kindsunterhalte angehoben, nicht aber die Existenzminima: Es galten dieselben Summen wie schon 2001 festgelegt. Der Eigenbedarf wird in diesem Jahr also lediglich den Lebenshaltungskosten angepasst, und das auch noch mit deutlicher Verspätung.

Am unteren Ende des Zumutbaren

Fachjurist Simon Heinzel vom Nürnberger Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) nennt die knapp sechsprozentige Anhebung des Existenzminimums denn auch "überfällig". Auch die Erhöhung des Kindsunterhalts um 2,5 Prozent bewege sich eher am unteren Ende des Zumutbaren. Sie entspreche zwar annähernd der Steigerung der statistischen Lebenshaltungskosten, doch müsse man das differenziert betrachten: Zwar seien die Preise von Fernsehern, Videorecordern und anderem elektronischen Schnickschnack gefallen, "doch ist das, von dem wir beißen müssen, deutlich teurer geworden". Und ob das ausreicht, anständig Kinder betreuen zu können, "steht auf einem anderen Blatt", sagt Heinzel.

Dass dabei die Abwägung zwischen Kindeswohl und Finanzkraft des Unterhaltspflichtigen ein schwieriges Unterfangen ist, zeigt schon ein Blick auf die Tabelle: In Westdeutschland definierte das Gericht insgesamt 52 verschiedene mögliche Unterhaltssätze für ein Kind - abhängig vom Alter des Kindes und dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen. In Ostdeutschland werden wegen der geringeren Einkommen und der niedrigeren Lebenshaltungskosten sogar noch zwei niedrigere Einkommensgruppen vorgeschaltet. Bei Großverdienern mit einem Nettoeinkommen von mehr als 4800 Euro greift die Tabelle ohnehin nicht mehr: Es wird nach Einzelfall entschieden.

"Keine erdrutschartigen Veränderungen geben"

Neugeregelt wurde vom Düsseldorfer Oberlandesgericht auch der Selbstbehalt von Kindern, die ihren bedürftigen Eltern etwa im Pflegefall Unterhalt zahlen müssen. Er steigt ab dem 1.Juli um 12 Prozent auf mindestens 1400 Euro monatlich zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens. Für den Ehegatten verbleiben mindestens 1050 Euro.

Offen ist allerdings, wie lange die neue Düsseldorfer Tabelle in der jetzt vorliegenden Form Gültigkeit behält. Die von der Bundesregierung beabsichtigte Reform des Unterhaltsrechts werde auch hier zu Anpassungen führen, hieß es in Düsseldorf. Die Düsseldorfer Familienrichter konnten die Absichten der Bundesregierung nur in keiner Weise berücksichtigen. Ihnen lag schlicht nicht einnmal ein Referentenentwurf aus Berlin vor, der sie ahnen ließ, wie der Hase laufen wird. Generell plant das Bundesjustizministerium mehr Verteilungsgerechtigkeit und die Berücksichtigung sich verändernder Lebensformen wie beispielsweise nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Eines jedoch versprach Soyka: "Es wird keine erdrutschartigen Veränderungen geben."

Karin Spitra mit Agenturen (AP, DPA)