Sturmschäden "Dach-Haie" wollen Sturmopfer abzocken

Wem Orkantief "Emma" Schäden an Haus oder Wohnung verursacht hat, sollte für deren Behebung nicht zu lange warten - aus feuchten Stellen können schnell ernste Baumängel werden. Doch Vorsicht: Mobile Bautrupps versuchen gerade Sturmopfer auszunehmen.

Orkantief Emma hat quer durch Deutschland nicht nur sichtbare Spuren der Verwüstung hinterlassen. An vielen Häusern dürften auch Schäden entstanden sein, die nicht auf den ersten Blick auszumachen sind, wie Thomas Penningh, Vorsitzender des Verbands privater Bauherrn (VPB) zu bedenken gibt. Verschobene, gelockerte Dachziegel, Dachgauben oder Solarzellen, durchfeuchtete Wärmedämmung im Dach, nasses Holz, beschädigte Fassadenverkleidung: Hausbesitzer sollten ihre Immobilie in den nächsten Tagen gründlich nach Mängeln absuchen.

Betrügerische "Dach-Haie"

Große wie auch vermeintlich kleine Sturm- und Feuchteschäden müssen nach den Worten des Bausachverständigen bald repariert werden. Sonst können daraus schnell teure Bauschäden werden. Aber aufgepasst: Nach Stürmen wie Emma bieten mobile Handwerkertrupps gern an der Haustür ihre Dienste zu vermeintlichen Schnäppchenpreisen an, wie die R+V-Versicherung erklärt. Solche "Dach-Haie" seien aber keine Alternative zum Fachhandwerk. Sturmgeschädigte würden nur über den Tisch gezogen.

Hausbesitzer sollten aber vorsichtig sein, wenn Handwerker ihre Dienste ungefragt an der Haustür anbieten. Denn solche mobilen Trupps nutzen aus, dass die Eigentümer den Schaden schnell behoben haben wollen - und liefern dann schlechte Qualität zu überhöhten Preisen. Die Masche der so genannten "Dach-Haie": Sie ködern die Hausbesitzer mit vermeintlichen Schnäppchenpreisen und kommen schon am nächsten Tag mit Gerüst und Material wieder. So haben die Verbraucher keine Zeit, vom Vertrag zurückzutreten. Bei der Reparatur entdecken die Handwerker dann angeblich gravierende Mängel, das komplette Dach muss abgedeckt werden - zu saftigen Preisen und oft gegen Vorauskasse in bar.

Verträge nicht ungeprüft unterschreiben

"Verbraucher sollten sich nie auf Verträge einlassen, die sie nicht in Ruhe geprüft und mit anderen Angeboten verglichen haben", rät Elke Seyfarth, Expertin für Sturmschäden der R+V-Versicherung. Hinzu kommt: Die Wohngebäudeversicherung, die Reparaturkosten bei Sturmschäden in der Regel übernimmt, kann überhöhte Rechnungen kürzen - der Hausbesitzer bleibt auf der Differenz sitzen. Seriöse Handwerksbetriebe setzen ihre Kunden nicht unter Druck, erklärt Elke Seyfarth: "Außerdem decken sie das Dach erst einmal provisorisch ab, wenn es tatsächlich undicht ist. Die Kosten dafür übernimmt meist auch die Versicherung."

morgenstern

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Grundsätzlich gilt nach schlimmen Unwettern: Wer sich nicht rasch um mögliche Schäden kümmert, holt sich meist Langzeitprobleme ins Haus, mahnt Penningh zur Vorsicht. Beispiel gelockerte Dachziegel: Hat der Sturm die Abdeckung verschoben, wird das Dach in der Regel offen für Regen. Das Wasser bahnt sich seinen Weg ins Innere, vorzugsweise an Ecken, Gauben und rings um Dachflächenfenster.

Kontrolle ist besser

Ist die im Dach liegende Wärmedämmung einmal durchnässt, geht nicht nur Energie verloren. Auch die anliegenden Holzteile können nicht schnell genug abtrocknen. Bleibt Holz länger nass, kann es faulen. Schimmelpilze machen sich breit. Lockere Schindeln seien außerdem beim nächsten heftigen Wind eine Gefahr für Passanten, so der VPB-Experte. Hausbesitzer haften für Unglücke.

Kontrolliert gehört in den nächsten Tagen folgendes: Sitzen die Ziegel noch fest und vermörtelt in den Falzen? Gibt es Sturmklammern? Klappert die Verkleidung an Gauben oder Giebeln? Sind die Regenabflüsse verstopft oder rissig? Sitzen Solaranlage und Blitzschutzanlage noch fest? Ist viel Wasser an der Fassade herunter gelaufen, hat es sich unter Fensterbrüstungen durchgedrückt? Sind Holzverkleidungen nass? Sind Balkontüren, Fenster, Rollläden und deren Führungsschienen noch optimal verankert?

Erste Abschlagszahlung binnen vier Wochen

Wer Sturmschäden erlitten hat, sollte in jedem Fall mit seiner Versicherung in Kontakt treten: entweder mit der Wohngebäude- oder der Hausratversicherung. Erstere ist für äußere Schäden am Haus an Fassaden, Fenstern, Türen oder Dächern zuständig. Letztere kommt für die Reparatur wetterbedingter Schäden im Wohnraum auf, beispielsweise an Möbeln. Ausnahmen: Standen womöglich Türen oder Dachfenster offen, während Emma wütete, springt keine Assekuranz ein.

Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz weist darauf hin, dass Sturmschäden ab Windstärke 8 abgesichert sind. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 63 Kilometer pro Stunde. Betroffene können sich beim Deutschen Wetterdienst über die Windstärke in einer Region zu einem bestimmten Zeitpunkt informieren. Um bei der Versicherung auf Nummer sicher zu gehen, sollten Geschädigte die Problemstellen vor der Reparatur im Detail fotografieren oder filmen, rät der Verbraucherschützer. Wer alle Unterlagen vorgelegt habe, brauche sich von seiner Versicherung nicht auf den Sankt Nimmerleinstag vertrösten lassen. Spätestens einen Monat nach der Schadensanzeige kann eine Abschlagszahlung verlangt werden (Paragraf 11 Absatz 2 des Versicherungvertragsgesetzes).

AP
spi/AP