Fast alle wollen in die Stadt. Und sie wollen in Berlin, München, Frankfurt, Stuttgart oder Köln am liebsten in den eigenen vier Wänden wohnen. Das ist das Ergebnis einer Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden. Während in den Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten bezahlbare Wohnungen fehlen, stehen in strukturschwachen Landstrichen Häuser leer und verfallen.
Angesichts steigender Mietpreise werden in den Städten Eigentumswohnungen immer beliebter: Fast die Hälfte der 37 Millionen genutzten Wohnungen in Deutschland wurden 2010 vom Eigentümer selbst bewohnt. Die Quote lag bei 45,7 Prozent - mehr als vier Prozentpunkte höher als vier Jahre zuvor. Im Westen machen Eigentumswohnungen gar 48,8 Prozent des Wohnungsbestands aus. Gleichzeitig hat - vor allem auf dem Land - der Wohnungsleerstand zugenommen: Von 40,5 Millionen Wohnungen stehen 3,5 Millionen leer - 7,8 Prozent im Westen und 11,5 Prozent im Osten.
Die Folge der Wohnungsknappheit in den Städten: Die Mieter werden stärker zur Kasse gebeten als vor vier Jahren - vor allem bei den Nebenkosten. Zwar ist der Anteil der Ausgaben für die Kaltmiete am Einkommen mit im Schnitt 22,5 Prozent konstant. Für Rentner und Alleinerziehende ist die Belastung aber deutlich größer: So ging 2010 in jedem dritten Rentnerhaushalt mehr als ein Drittel des Einkommens für die Kaltmiete drauf. Bei Alleinerziehenden war es - je nach Kinderzahl - ein Viertel bis ein Drittel.
Viele träumen vom Eigenheim
"Ein Eigenheim ist einfach eine Sehnsucht des Menschen", kommentiert der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Kelkheim bei Frankfurt, Andreas Steinle, den Trend zur selbstgenutzten Immobilie. Dabei gehe es weniger um eine Investition in "Betongold" als um Sicherheit und einen emotionalen Anker - "ein Wert, der in unserer mobilen und rastlosen Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert hat".
Gleichzeitig gebe es "einen deutlichen Trend in die Städte - bei Jungen wie bei Alten". Junge Menschen würden wegen der attraktiveren Job-Möglichkeiten in die Städte ziehen, Ältere wegen der besseren Infrastruktur: Sie suchen Kultur, Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten in Wohnnähe. "War früher das schöne Anwesen auf dem Land Luxus, so ist heute die Nachfrage nach Luxuswohnungen in der Stadt sehr stark", sagt Steinle.
Auch Torsten Weidemann vom Eigentümerverband "Haus & Grund" sagt: "Die Generation 50 Plus zieht gerne noch mal vom Eigenheim am Stadtrand zurück in eine Eigentumswohnung in der Stadt." Der deutliche Anstieg der Eigentümerquote ist nach seiner Einschätzung "plötzlich ein großer Schritt". Dies liege an einem zunächst recht stabilen Wirtschaftswachstum und an günstigen Finanzierungskonditionen in der Krise, die diejenigen nutzten, die ein stabiles Einkommen hätten.
Wohnen für Geringverdiener immer teurer
Für Familien und Geringverdiener werden die Wohnungen in den Städten dagegen rar: "Trotz sinkender Bevölkerung haben wir zu wenig Wohnraum", sagt Zukunftsforscher Steinle. Der Deutsche Mieterbund spricht sogar von einer "neuen Wohnungsnot", verursacht durch den Rückzug des Staates aus der Wohnungsbauförderung. "In den zehn deutschen Großstädten, die den stärksten Wohnungsmangel haben, fehlen mehr als 100.000 Mietwohnungen", heißt es in einer Studie der Kampagne "Impulse für den Wohnungsbau", die neben dem Mieterbund auch von Immobilienverbänden und Gewerkschaften unterstützt wird. Bis 2017 müssten der Studie zufolge 825.000 Mietwohnungen neu gebaut werden.
Neben den Kaltmieten seien vor allem auch Nebenkosten deutlich gestiegen, sagt Ulrich Ropertz vom Mieterbund. "Die Durchschnittszahlen sind dabei fatal", so Ropertz mit Blick auf die Erhebung des Statistischen Bundesamtes. Nicht nur Rentner und Alleinerziehende müssten deutlich mehr für Miete und Nebenkosten beiseitelegen: "Die unteren Einkommensgruppen bis 1700 Euro netto im Monat - und das sind 44 Prozent aller Haushalte in Deutschland - geben für die Warmmiete rund 38 Prozent ihres Einkommens aus."