BERUFSWAHL Gute Perspektiven für Investmentbanker

Laut Experten wird die Zahl der Investmentbanker deutlich steigen. Das gilt gerade für Kontinentaleuropa, wo ein Trend zu mehr Verbriefung und Handel von Finanztiteln zu beobachten ist.

6000 Berufe verzeichnet die Datenbank für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen der Bundesanstalt für Arbeit. Aber die Suche nach dem Begriff Investmentbanker ergibt »leider kein Ergebnis«. »Der schwierigere Kapitalmarkt bringt schlechtere Berufsaussichten mit sich«, sagt Achim Hahlbeck, Leiter für Qualifizierung und Entwicklung bei der Commerzbank in Frankfurt.

Zahl der Investmentbanker wird steigen

Viele Investmentbanker hätten zur Zeit nur deshalb eine Beschäftigung, weil sich ihre Arbeitgeber qualifizierte Mitarbeiter für das Wiederanspringen der Konjunktur sichern wollten. Mittel- bis langfristig werden die Berufsaussichten besser bewertet: »Ich gehe davon aus, dass auf längere Sicht die Zahl der Investmentbanker deutlich steigen wird«, sagt Günter Franke, Professor für Internationales Finanzmanagement an der Universität Konstanz. Das gelte gerade für Kontinentaleuropa, wo ein Trend zu mehr Verbriefung und Handel von Finanztiteln zu beobachten sei.

Investment Banking ist der wertpapiergestützte Zweig des nationalen und internationalen Finanzgeschäftes. Seine Bedeutung werde weiter zunehmen, schätzt Friedrich Thießen, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre an der TU Chemnitz: Beispielsweise sei bei den Banken eine Beschränkung auf das traditionelle Einlage- und Kreditgeschäft künftig undenkbar. Zudem werde die Finanzierung mittelständischer Unternehmen in Zukunft stärker reguliert. Statt großzügig Kredite zu geben, würden die Banken vorsichtiger und setzten auf Wertpapiertransaktionen. Damit werde das Know-how der Investmentbanker auch im Mittelstand gefragt.

Als die TU Chemnitz 1999 die Studienrichtung Investment Banking einführte, stand der Wertpapierhandel ganz im Zeichen des Börsenbooms. »Die Aktienhändler waren die Stars«, sagt Thießen. Heute sind eher sichere Produkte gefragt. »Diversifikation« heißt das Zauberwort: Um das Risiko zu streuen, wird Geld in mehreren Ländern, Branchen und Wertpapieren angelegt. Das hat Thießen zufolge auch Auswirkungen auf den Beruf der Investmentbanker: »Der Spekulant ist tot. Portfoliooptimierung ist heute gefragt.« Dennoch habe der Bereich nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt: »Investment Banking gilt nach wie vor als chic. Da nennen sich Abteilungen so, die allein mit dem klassischen Kreditwesen betraut sind.«

Investmentbanker: Ein dehnbarer Begriff

Ohnehin ist »Investmentbanker« eher ein Sammelbegriff, der unterschiedliche Funktionen rund um den Kapitalmarkt umfasst: »Ursprünglich wurden damit Menschen bezeichnet, die industrielle Großprojekte über den Kapitalmarkt finanzierten«, sagt Achim Hahlbeck von der Commerzbank. Mittlerweile zählten dazu auch Finanzspezialisten für den An- und Verkauf von Firmen oder Firmenteilen, Fondsmanager sowie Händler, Kundenbetreuer, Analysten und Financial Engineers, die neue Strukturen oder Produkte für den Handel mit Wertpapieren, Devisen und Derivaten entwickeln.

Der Berufsverband der Kapitalmarktexperten DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management) im hessischen Dreieich beklagt, dass die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist. Sie setzt in angespannten Kapitalmarktzeiten auf Qualifikation mit einer berufsbegleitenden, europaweit anerkannten Grundlagenausbildung für berufserfahrene Investmentbanker. »Die Leute arbeiten in der Regel 12 Stunden und mehr und absolvieren nebenbei die Ausbildung«, sagt Projektbetreuerin Irmhild Blank. Viele Informationen zu verarbeiten, sie unter hohem Termindruck einzuschätzen und zu bewerten, gehöre zum Berufsalltag der Wertpapierexperten: »Man muss immer am Ball bleiben, braucht viel Engagement und Biss.«

Die Ausbildung bei der DVFA kostet die Teilnehmer beziehungsweise ihre Arbeitgeber 10 200 Euro. Allerdings verdienen Investmentbanker in der Regel auch viel: »Das Einstiegsgehalt liegt bei 40 000 Euro und geht dann sehr schnell nach oben«, sagt DVFA-Pressereferent Michael Kolb. Ein gestandener Senior Berater verdiene etwa 150 000 Euro im Jahr. Dazu kämen leistungsabhängige Erträge, die in guten Zeiten schon bei Einsteigern drei Monatsgehältern betragen könne, ergänzt Achim Hahlbeck von der Commerzbank. Allerdings könne der variable Teil bei schlechter Wirtschaftslage auch gegen Null gehen.

Langer Weg zum großen Geld

Bis sie diese Spitzengehälter verdienen, müssen Anwärter viel lernen und Kreativität beweisen. Der Trend gehe zum Studium, sagt Commerzbank-Personalmanager Hahlbeck. In Deutschland seien vor allem Wirtschaftswissenschaftler gefragt. Allerdings sollten die Studenten auch in die Mathematik, vor allem in die Wahrscheinlichkeitstheorie investieren.

Mathematik, Statistik und Ökonomie kombiniert beispielsweise die Universität Konstanz im interdisziplinären Studiengang »Mathematische Finanzökonomie«. Auch die Finanzhochburg Frankfurt bietet im Bereich Finanzen verschiedene Studienschwerpunkte an. Wem das Studium zu lange dauert, kann demnächst auch eine Ausbildung absolvieren: Ab dem Jahr 2003 ist laut Bundesverband Deutscher Investment- und Vermögensverwaltungs-Gesellschaften (BVI) in Frankfurt ein neuer Ausbildungsberuf »Investmentfondkaufmann« geplant.

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