Die Brötchen hatten die Bäcker gekauft - den Kräuter-Öl-Aufstrich aber angeblich geklaut. Wieder geht es um einen Mini-Diebstahl am Arbeitsplatz. Diesmal im Wert von rund 50 Cent.
Vom "Hirtenfladen"-Belag sollen die Bäcker Benjamin Lassak (26) und Horst Dorkowski (44) im vergangenen Spätsommer gestohlen haben. Sie hätten jedoch nur den Geschmack überprüfen wollen, rechtfertigten sich die beiden. Die Bergkamener Bäckerei-Kette hatte dem Betriebsratsmitglied und seinem Kollegen dennoch fristlos gekündigt. In beiden Fällen zu Unrecht, befand das Arbeitsgericht Dortmund am Dienstag in zwei getrennten Verfahren: Das Unternehmen muss die Bäcker nun weiterbeschäftigen. Ob diese den Belag letztlich gestohlen hatten, ließ das Gericht offen.
Bei Lassak erklärte Richter Guido Marek die Entlassung aus formalen Gründen für nichtig. "Es ist nur aus einem besonderen Grund möglich, Betriebsratsmitglieder zu kündigen", betonte er. In jedem Fall müsse der Betriebsrat geladen werden und der Kündigung zustimmen. Dabei seien der Bäckerei-Kette formale Fehler unterlaufen. Die Kündigung sei deswegen unwirksam. "Das war alles okay von den Fristen her", widersprach der Anwalt des Unternehmens.
Im zweiten Verfahren war die Betriebszugehörigkeit des Entlassenen ausschlaggebend. Zwar könnten auch Bagatelldiebstähle Grund für eine fristlose Kündigung sein, so das Gericht. Im Fall Dorkowski stehe das allerdings nicht im Verhältnis zu der langen Betriebszugehörigkeit, begründete das Gericht seine Entscheidung. 24 Jahre habe Dorkowski bei Westermann gearbeitet und darüber hinaus von sich aus zugegeben, den Belag probiert zu haben. Das ließe auf eine ehrliche Grundhaltung schließen. "Ab wann erlaubt die Betriebszugehörigkeit, in die Kasse zu greifen", kritisierte hingegen der Anwalt des beklagten Unternehmens.
"Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass es so ausgeht", sagte Lassak nach der Urteilsverkündung erfreut. Schließlich hatte vor zwei Wochen das Berliner Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung einer Kassiererin für rechtens erklärt, die zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro unterschlagen hatte. Hätte es im Fall Lassak keine formalen Fehler seitens der Bäckerei-Kette gegeben, "wäre das wieder ein offenes Rennen gewesen", sagte der Richter. Dann hätte das Gericht klären müssen, ob Lassaks Handeln als Bagatelldiebstahl zu werten und dies ein Kündigungsgrund gewesen sei.
"Ich gehe davon aus, dass das Gericht auch dann der Klage stattgegeben hätte", ist Lassaks Anwalt Christoph Goetsch überzeugt. Immerhin habe sein Madant mit seinem Kollegen den Aufstrich nur abschmecken wollen. "Wenn ich mir jetzt vorstelle, das wäre versalzen rausgegangen, dann hätten wir einen auf den Deckel bekommen", verteidigt sich Lassak.
Die Bäckerei kündigte an, im Fall des 26-Jährigen in Berufung zu gehen und das zweite Urteil zu prüfen.