Vier Fragen an vier Piloten Wie einsam ist Ihr Job, Herr Kapitän?

  • von Christoph Henrichs
Jeden Tag erfüllen sich Flug-Kapitäne den Menschheitstraum vom Fliegen. Doch über den Wolken kann die Einsamkeit grenzenlos sein. Vier Fragen an vier ehemalige Piloten.

Sie verdienen sehr gut und sind hoch geachtet: Piloten gehören in Deutschland zur Elite der Arbeitsgesellschaft. Doch was wissen wir über ihren Alltag? Haben sie Stress, Angst, fühlen sie sich einsam? Der stern befragte vier Ex-Piloten.

Für

Peter Brandl (47)

war der Job bei einer Regional-Airline zu langweilig - nach einigen Wochen gab er desillusioniert auf. 6000 Flugstunden sammelte

Heiko Bergmann (68)

, bis er 1989 aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste.

Udo Brachtendorf (62)

ging im Oktober 2014 in Vorruhestand, nachdem er fast 30 Jahre lang Passagiere nach Mallorca, Kap Verde und Ägypten geflogen hatte. Ebenfalls in den Vorruhestand verabschiedete sich

Klaus Rüdiger (65)

im Jahr 2007, nach 35 Jahren bei der Lufthansa.

Hatten Sie Angst, im Cockpit Fehler zu machen?

Brachtendorf: "Angst vor großen Fehlern hatte ich nicht. Ich glaube, dann hätte man auch den falschen Beruf ergriffen. Wenn man mal einen kleineren Fehler macht, ist ganz wichtig, dass man einen Haken dran macht und weiter fliegt. Wenn man an dem Fehler hängen bleibt, passieren vielleicht Folgefehler."

Rüdiger: "Bei mir ist nie Angst oder Besorgnis mitgeflogen. Man hat natürlich eine irre Verantwortung und man hofft, dass man seine fliegerische Karriere ohne gravierende Vor- oder Zwischenfälle über die Bühne bekommt. Wenn man sich das aber immer vor Augen führt, entsteht ein Druck, der es verhindert, frei im Kopf zu sein."

Brandl: "Piloten dürfen nicht so tun, als seien sie unfehlbar. Wir wissen, dass wir Fehler machen werden. Wichtig ist erstens permanentes Training und Vorbereitung. Zweitens muss man ermitteln, welche Rahmenbedingungen zusammen kommen müssen, dass Fehler passieren. Dann versucht man auszuschließen, dass diese Rahmenbedingungen alle auf einmal auftreten."

Welches Verhältnis hat ein Pilot zu den Passagieren?

Bergmann: "Man denkt nicht unentwegt an die Passagiere. Man setzt sich in ein Flugzeug, wie sich ein Bus- oder Lkw-Fahrer ans Steuer setzt. Man will die Ladung sicher ans Ziel bringen - und das bestimmt die mentale Einstellung."

Brandl: "Für einen Piloten ist es kein großer Unterschied, ob er einen Frachter oder eine Passagiermaschine fliegt. Das Cockpit ist das gleiche."

Wie einsam ist der Job?

Brandl: "Man ist jede Nacht in einem anderen Hotel, viel alleine und sehr oft von zuhause weg. Man ist auch mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade dann nicht zuhause, wenn dort etwas passiert, zum Beispiel das Kind krank wird."

Brachtendorf: "Man muss ein ganz gefestigtes Familienleben haben, damit das nicht zum Fiasko wird. In meiner Zeit als Pilot hat es keinen Tag gegeben, an dem ich nicht mit meiner Frau telefoniert habe."

Rüdiger: "Ich habe mit meinen Kollegen immer einen sehr lockeren und angenehmen Umgang gehabt. Dadurch hatten wir eine gute Atmosphäre und das Gefühl, wertgeschätzt zu werden. Das ist ganz wichtig."

Was vermissen Sie an ihrem Job?

Bergmann: "Das Tolle am Fliegen ist, im absoluten Zentrum einer Vielzahl von elektronischen, pneumatischen und hydraulischen Systemen zu sitzen, gewissermaßen an der Schaltstelle und diesen Systemen zu sagen, was sie tun sollen."

Rüdiger: "Es gibt zwar Belastungen, aber die vergisst man mit der Zeit. Man sieht und erlebt viele interessante Dinge, es gibt sehr viel Abwechslung, man lernt viele Leute kennen, man hat keinen direkten Vorgesetzten. Es ist ein toller Beruf."

Brachtendorf: "Es ist ein Traumjob. Wenn man bei Mistwetter startet, durch die Wolken kommt und dann durch die großen Cockpitfenster die Sonne sieht - das ist toll."

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