Hartz IV Kassen werfen Kommunen Trickserei vor

Im Streit mit den Kommunen um arbeitsunfähige Sozialhilfeempfänger hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement Rückendeckung von Krankenkassen erhalten. Städte und Gemeinde sollen kranke Sozialhilfeempfänger zu Unrecht als arbeitsfähig eingestuft haben

Mehrere AOK warfen Städten und Gemeinden in einer dpa-Umfrage vor, hunderte Sozialhilfeempfänger möglicherweise zu Unrecht als arbeitsfähig eingestuft zu haben und so Krankenkosten abzuschieben. In der Frage, ob dahinter System steckt oder ob es sich schlicht um Pannen handelt, gingen die Meinungen der Krankenkassen auseinander. Die Kommunalverbände weisen die Vorwürfe zurück und sprechen von Einzelfällen.

Bund und Kommunen streiten um die Einstufung beim neuen Arbeitslosengeld II (ALG II) und drohende Mehrkosten. Im Zuge der Hartz-IV-Reform erhalten bisherige Sozialhilfeempfänger ALG II, wenn sie als erwerbsfähig gelten, also zwischen 15 und 65 Jahre alt sind und mindestens drei Stunden am Tag arbeiten können. Mit dem ALG II ist auch eine Versicherung bei Krankenkassen verbunden, so dass sie Behandlungen bezahlen müssen. Nach Ansicht der Kassen wollen Kommunen so Sozialhilfeleistungen und Behandlungskosten abschieben.

Drogensüchtige im Entzug als arbeitsfähig gemeldet

Die AOK Baden-Württemberg hatte von hunderten Fällen berichtet, darunter Menschen mit beidseitiger Beinamputation. In Niedersachsen und Bremen wurden laut AOK mehrere hundert Sozialhilfeempfänger als arbeitsfähig eingestuft, obwohl sie aus Gesundheitsgründen wahrscheinlich nicht arbeiten können. Es gehe um Patienten, die sich im stationären Entzug befinden oder wegen eines Schlaganfalls seit Wochen im Krankenhaus lägen. Zu den Bremer Fällen zählen laut AOK ein Koma-Patient, Drogensüchtige in Rehabilitation, Menschen in ambulant- psychiatrischer Behandlung und zu 80 Prozent Schwerbehinderte.

Bei der AOK Hessen hieß es: «Verdachtsmomente sind allein wegen des Alters gegeben». So seien von Kommunen unter anderem ein 14- und ein 68-Jähriger als erwerbsfähig angegeben worden. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die fälschlicherweise als erwerbsfähig gemeldet wurden, könnte in einer «dreistelligen» Höhe liegen. In Sachsen- Anhalt prüft die AOK rund 500 Fälle, für die eigentlich nicht die Bundesagentur für Arbeit, sondern die Kommunen zuständig wären. Ebenfalls 500 zweifelhafte Fälle meldete die AOK Bayern. Unter den jetzt eingehend zu prüfenden Fällen seien Schwerkranke, hochgradige Suchtpatienten und sogar ein Querschnittgelähmter, hieß es.

DPA

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