Nach vier ergebnislosen Verhandlungsrunden machen die Beschäftigen der deutschen Metall- und Elektroindustrie jetzt mit Warnstreiks Druck auf die Arbeitgeber. Unmittelbar nach dem Ende der Friedenspflicht um Mitternacht begannen die ersten Arbeitsniederlegungen. Nach Angaben der IG Metall traten am frühen Sonntagmorgen hunderte von Beschäftigten zeitweise in den Ausstand.
Von Bayern bis Berlin
Im rheinland-pfälzischen Andernach verlangten nach Gewerkschaftsangaben kurz nach Mitternacht mehrere hundert Beschäftigte vor den Toren des Weißblechherstellers Rasselstein 6,5 Prozent mehr Geld. Ihre Forderung untermauerten sie mit lauten Pfiffen und Transparenten.
In Niedersachsen legten um Punkt 0.01 Uhr am Sonntag rund 200 Beschäftigte des Autozulieferers Bosch in Hildesheim und Salzgitter sowie von MAN Nutzfahrzeuge in Salzgitter ihre Arbeit nieder.
In Berlin-Spandau traten rund 150 Mitarbeiter des Osram-Werks in einen Warnstreik, wie die IG Metall mitteilte. Der Aufruf zu dem etwa einstündigen Ausstand war der Auftakt zu einer Reihe weiterer Protestaktionen in den nächsten Tagen.
Die bayerische IG Metall stimmte sich mit einer Protestaktion bei MAN Diesel in Augsburg in der Nacht zum Sonntag auf die geplanten Warnstreiks in der kommenden Woche ein. Punkt Mitternacht leuchtete vor den Werkstoren die 6,5-Prozent-Forderung der Gewerkschaft in Form eines Standfeuerwerks auf. Die Friedenspflicht sei bundesweit abgelaufen, sagte Bezirkschef Werner Neugebauer vor 400 Betriebsräten und Vertrauensleuten. "Damit stehen wir vor einer harten und heftigen Auseinandersetzung."
Lohnerhöhungen statt Einmalzahlungen
In Andernach sagte der IG-Metall-Vize Berthold Huber, wenn die Arbeitgeber kein vernünftiges Angebot vorlegten, werde es "massive, ausgedehnte Warnstreikaktionen" und - wenn es nicht anders gehe - auch einen Arbeitskampf geben. "Die IG Metall ist dann kampfbereit. Sie wird diesen Konflikt dann führen", sagte Huber.
Er bekräftigte, das bislang vorgelegte Angebot sei zu niedrig. "Das ist keine faire Beteiligung und wird der hervorragenden wirtschaftlichen Lage, vor allem in der Metall- und Elektroindustrie, nicht gerecht", sagte er. "Wir brauchen spürbare, dauerhafte und stabile Entgelterhöhungen." Es sei nicht akzeptabel, dass die Arbeitgeber versuchten, tabellenwirksame Tariferhöhungen langfristig zu einem immer größeren Teil durch Einmalzahlungen zu ersetzen. "Selbstverständlich sind wir auch weiterhin zu Verhandlungen bereit", sagte der IG-Metall-Vize. "Aber wir wollen eine faire, eine anständige Lösung."
Entscheidung über Arbeitskampf bis Mitte Mai
Die Hoffnungen auf einen Durchbruch richten sich jetzt auf Baden- Württemberg, wo am 3. Mai die fünfte Runde angesetzt ist. Ob es zu einem Arbeitskampf komme, werde sich bis Mitte Mai entscheiden, sagte Huber am Sonntag.
Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Geld für die bundesweit rund 3,4 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Die Arbeitgeber bieten bisher 2,5 Prozent mehr Entgelt und einen Konjunkturbonus von 0,5 Prozent. Über einen befristeten Konjunkturbonus werde die Gewerkschaft nicht verhandeln, bekräftigte IG-Metall-Chef Peters in der "Süddeutschen Zeitung".
Massive Ausweitung der Warnstreiks geplant
Für den Verlauf der kommenden Woche droht die IG Metall mit einer massiven Ausweitung. "In mehr als 400 Betrieben allein im Südwesten wird es Aktionen geben", sagte der dortige IG-Metall-Bezirksleiter, Jörg Hofmann, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser warnte unterdessen eindringlich vor einem Arbeitskampf. "In der derzeitigen konjunkturellen Lage würden Streiks viele Betriebe der Metall- und Elektroindustrie erheblich treffen", sagte Kannegiesser. Es bestehe die Gefahr, dass Kundenbeziehungen beschädigt und die Auswirkungen auf alle zurückfielen. Er forderte erneut eine schnelle Einigung.