Nach dem überraschenden Rücktritt von Hewlett-Packard-Chef Mark Hurd hat sich jetzt auch die Frau zu Wort gemeldet, die den ganzen Fall mit ihren Vorwürfen erst ins Rollen gebracht hatte. Über eine Anwältin ließ die frühere externe Mitarbeiterin namens Jodie Fisher erklären, sie habe nicht vorgehabt, den Rücktritt des Spitzenmanagers zu verursachen.
"Ich war überrascht und betrübt, dass Mark Hurd deswegen seinen Job verloren hat", ließ Jodie Fisher am Sonntag über ihre Rechtsanwältin verbreiten. "Das war nie meine Absicht." Ende Juni hatte sie sich bei HP beschwert, Hurd habe sie sexuell belästigt, als sie für das Unternehmen tätig war. Es folgte eine firmeninterne Untersuchung, die Hurd zwar von dem schweren Vorwurf entlastete - aber dafür falschen Abrechnungen ans Tageslicht brachte.
Demnach hatte der zweifache Familienvater Hurd die allein erziehende Mutter Fisher öfter mal zum Abendessen eingeladen, hatte dies in der Spesenabrechnung jedoch nicht kenntlich gemacht, berichteten US-Medien. Das wurde ihm letztlich zum Verhängnis. HP-Chefjustiziar Michael Holston sprach von einem zerstörten Vertrauen.
Fisher hat abwechslungsreiche Karriere hinter sich
"Mark und ich hatten nie eine Affäre oder eine intime sexuelle Beziehung", stellte Fisher nun klar. Holston hatte am Freitag von einer "engen persönlichen Beziehung" der beiden gesprochen und damit den Spekulationen Tür und Tor geöffnet. "Ich habe meine Ansprüche privat mit Mark geklärt", ließ Fisher wissen. "Ich wünsche Mark, seiner Familie und HP alles Gute." Weiter wolle sie den Fall nicht kommentieren.
Die 50-Jährige hat eine abwechslungsreiche Karriere hinter sich. Nach Angaben ihrer Anwältin war sie Vizechefin einer Immobilienfirma, hat für den Drogenausschuss des US-Kongresses gearbeitet, war im Vertrieb eines Weltunternehmens tätig und wirkte in den 1990er Jahren auch in einigen Filmen mit, die Jugendliche in den USA nur in Begleitung eines Erwachsenen sehen dürfen, sogenannte "R-Rating"-Streifen.
Es folgte 2007 ein Auftritt in einer Realityshow im US-Fernsehen, in der Fisher mit anderen Frauen um die Gunst des australischen Tennisspielers Mark Philippoussis buhlte, aber schon früh ausschied. Zuletzt hatte sie laut der internationalen Filmdatenbank 2009 eine kleine Rolle in einer Fortsetzung des Kultfilms "Easy Rider".
12,2 Millionen Dollar Abfindung für Hurd
HP-Chef Hurd hatte Fisher 2007 persönlich als externe Beraterin engagiert. Es sei ihre Aufgabe gewesen, sich um besonders wichtige Kunden und Manager-Konferenzen zu kümmern, sagte Fisher. Sie habe sehr gerne bei HP gearbeitet: Zwei Jahre lang reiste sie für für den Konzern rund um die Welt und verdiente nach US-Medienberichten mit 1000 bis 10.000 Dollar pro Trip nicht schlecht.
Aber auch Topmanager Hurd wird in nächster Zeit keine finanziellen Sorgen haben: Er darf sich über 12,2 Millionen Dollar Abfindung freuen, was seinen "schmerzhaften Rücktritt“ wohl ein wenig versüßen wird.
Die Ungereimtheiten im Hause HP tragen jedoch nicht gerade dazu bei, das Vertrauen ins Unternehmen zu stärken. Vor Börseneröffnung am Montag lag der Kurs immer noch 6 Prozent im Minus. Da konnte sich Interimschefin Cathie Lesjak noch so sehr bemühen, den Eindruck von Normalität zu erwecken. "Wir steuern so schnell wie möglich durch diese Phase des Wandels", sagte sie am Sonntag vor Journalisten - da hatte ihr aber längst Jodie Fisher die Schau gestohlen.