Es ist noch gar nicht lange her, als in den italienischen Modemetropolen Rom und Mailand unzählige japanische und amerikanische Touristen vor Designer-Läden Schlange standen. In geordneten Zweierreihen warteten sie geduldig, um Einlass in die ehrwürdigen Ferragamo- oder Gucci-Hallen zu bekommen - und um viel Geld für Luxus-Artikel "made in Italy" zu bezahlen. Das ist heute anders. In den meisten Geschäften herrscht gähnende Leere, seit gut zwei Jahren steckt die Luxus-Industrie in der Krise. Erst ab 2005 rechnen Experten wieder mit einem Aufschwung der Branche. "Aber es wird sich nicht um einen schmerzlosen Übergang handeln: Auf dem Boden werden Tote und Verwundete zurückbleiben", prophezeien italienische Medien.
Die Gründe für das Dilemma sind vielschichtig. Während die Herrscher über die Luxus-Konzerne anfangs versuchten, die Probleme auf Konjunkturschwäche, Terror, Krieg und SARS zu schieben, müssen sie sich seit einiger Zeit eingestehen, das da wohl noch andere Dinge schief gelaufen sind. Die 14 größten italienischen Mode-Gruppen verbuchten zusammen im ersten Halbjahr dieses Jahres immerhin einen Umsatzrückgang von sieben Prozent.
Gucci und Louis Vuitton haben zu kämpfen
Bei Gucci fiel der Umsatz im ersten Quartal 2003 im Vergleich zum bereits schlecht laufenden Vorjahr um sieben Prozent. Auch im operativen Geschäft machte das Unternehmen erstmals Verluste, seit es vor acht Jahren zu einer Aktiengesellschaft wurde. In drei Monaten verlor der zweitgrößte Luxus-Konzern der Welt fast 25 Millionen Euro.
Auch Marktführer Louis Vuitton Moet Hennessy (LVMH) musste Unternehmensteile verkaufen, um die Schulden zu drücken, während Prada den geplanten Börsengang schon zum dritten Mal verschob. Einzige Ausnahme ist die Maison Armani, die sich durch geschickte Investitionen und eine funktionierende Unternehmensstrategie ausreichend Rücklagen geschaffen hat und im vergangenen Jahr durchweg ein Umsatzplus verzeichnete.
Glamourfaktor der Kaufhaus-Ketten
Kaufhaus-Ketten wie H&M, Zara, Mango und Max Mara, die ihre Filialen strategisch günstig in unmittelbarer Nähe der Designer-Boutiquen eröffnen, erleben hingegen derzeit einen Boom. "Sie haben es verstanden, ihren Produkten trotz niedriger Preise einen Hauch von Glamour zu verleihen und so ihren Marktbereich zu veredeln", sagt Carlo Pambianco von der gleichnamigen Mailänder Unternehmensberatung.
Das wahre Problem von Prada, Gucci und Co. ist auch der zunehmende Exklusivitäts-Verlust ihrer Luxusgüter. Gierig verfolgten die Konzerne jahrelang die Strategie, teure Markenartikel jedermann zugänglich zu machen. Massenproduktion statt mondäner Einzelteile, "McDonaldisierung" der Mode statt Delikatessen - da begannen sich die Käufer zu fragen: Warum soll ich tausend Euro für eine Designertasche bezahlen, wenn die Nachbarin oder die Kollegin das gleiche Teil besitzt? Und auch die Billiglinien und Einsteigerprodukte - wie Schlüsselanhänger und Portemonnaies für Preise von unter 100 Euro - haben zum Image-Verlust der Luxus-Konzerne beigetragen.
Mode kein Partythema mehr
Hinzu kommt ein weiteres Phänomen: Die Mode ist aus der Mode. Während man vor Jahren auf Cocktail-Partys und Vernissagen über die neuesten Kollektion der Modemacher parlierte, finden die meisten Menschen heutzutage andere Themen schicker. Das mag auch daran liegen, dass die Qualität der zumeist in Billiglohnländern produzierten Stücke zu einem großen Teil miserabel ist. Die schlampige Verarbeitung führt dazu, dass Designer-Klamotten oft schon die erste Reinigung nicht heil überstehen.
Dennoch scheinen sich die Großen der italienischen Mode von den Kaufhausketten nicht bedroht zu fühlen. Sie warten auf erste Anzeichen eines allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs und arbeiten an neuen Vertriebs-Ideen. "Nach zehn Jahren unglaublichen Wachstums ist eine Reflexions-Pause ganz normal", kommentieren Experten.