Der Medienunternehmer Leo Kirch ist tot. Er starb am Donnerstagvormittag in München im Alter von 84 Jahren. "Unser geliebter Ehemann, Vater, Bruder, Dr. Leo Kirch, ist heute im Kreise seiner Familie friedlich verstorben. Wir sind sehr traurig", ließ seine Familie mitteilen. Der Medienunternehmer, der zuletzt zurückgezogen in München lebte, hinterlässt seine Frau Ruth und einen Sohn.
Leo Kirch war jahrzehntelang einer der mächtigsten Medienunternehmer in Deutschland. Aus dem Nichts hatte er einen der größten Film- und Fernsehkonzerne Europas mit fast 10.000 Beschäftigten aufgebaut. Neben der größten Spielfilmsammlung mit weit über 10.000 Titeln sowie rund 40.000 Stunden Serien gehörten ihm früher die Fernsehsender ProSieben, SAT1, N24 und DSF. Auch am Pay TV versuchte er sich. Sein Sender DF1 war aber ein Flopp.
Jahrzehntelang war Kirch die graue Eminenz der deutschen Medienlandschaft. Kirch galt als unersättlich, gewieft und risikobereit - eine Kombination, die nicht nur seine Gegner fürchteten. Auch in der Öffentlichkeit mischte sich die Bewunderung für den "Herren der Filme" mit zunehmender Größe seines Konzerns mit einer Furcht vor einem übermächtigen "Big Brother" aus Bayern. Wie bei kaum einem anderen deutschen Unternehmen war der Name des Gründers verknüpft mit dem seines Konzerns. Lange Zeit konnte er aus seinem Büro in der Firmenzentrale in Ismaning bei München ohne Kontrollmechanismen Milliarden bewegen und die deutsche Medienkonkurrenz in Angst und Schrecken versetzen.
Letzter öffentlicher Auftritt im Rollstuhl
2002 ging die Kirch-Gruppe pleite. Seitdem machte Leo Kirch den früheren Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, für den Niedergang verantwortlich und kämpfte in mehreren Prozessen gegen ihn. Im Kern ging es um ein umstrittendes Interview von Breuer, in dem er die weitere Kreditwürdigkeit von Kirchs Medienimperium anzweifelte. Die Aussagen machte der Unternehmer für den Zusammenbruch seines Unternehmens verantwortlich. Bei den Prozessen musste eine ganze Riege von Topmanagern in München antanzen.
Seitdem überzog Kirch Deutschlands größtes Geldhaus mit immer neuen Klagen und forderte Schadenersatz in Milliardenhöhe. Derzeit wird eines der Hauptverfahren vor dem Oberlandesgericht München verhandelt. Dort trat Leo Kirch zuletzt noch einmal persönlich auf. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt, der 84-Jährige war schon schwer von seiner Krankheit gezeichnet.
Im Beisein seines Arztes, der regelmäßig seinen Blutdruck maß und den greisen Mann nach einer Stunde für vernehmungsunfähig erklärte, sagte er gegen seinen Erzfeind Breuer aus. Kirch, der unter Diabetes litt und fast blind war, wurde im Rollstuhl in den Gerichtssaal geschoben. Er konnte sich nur krächzend mit dem Richter verständigen und war auf die Hilfe einer Begleiterin angewiesen, die seine schwer verständlichen Worte "übersetzte".
"Kirch ist bis zum letzten Atemzug Unternehmer", sagte ein langjähriger Vertrauter einmal über ihn.
Kirch pflegte stets gute Kontakte zu Politikern
Der erbittert geführte Prozess dürfte dennoch nun nicht einfach beendet sein. Im Umfeld Kirchs und der Deutschen Bank hieß es stets, der frühere Medienzar habe alles in die Wege geleitet, dass seine Interessen auch nach seinem Tod weiter verfolgt würden.
Nach der Pleite seines Medienimperiums zog sich Leo Kirch geschäftlich beinahe komplett zurück. Direkt beteiligt blieb er noch bei Constantin Medien aus München, bekannt für den Sender "Sport 1". Sein letzter großer Comeback-Versuch endete vor wenigen Jahren in einer Niederlage. Mit dem Unternehmen Sirius wollte er die Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga kaufen und dann teuer weiter verkaufen. Das Kartellamt machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung und verbot das Geschäft.
Kirch trat selten in der Öffentlichkeit auf - lange Zeit gab es nicht einmal Fotos von dem Unternehmer. Einen seiner wenigen öffentlichen Auftritte hatte Kirch im Mai 2008 als Trauzeuge bei der zweiten Hochzeit von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl, mit dem er persönlich befreundet war. Die guten Kontakte Kirchs zu einflussreichen Politikern und großzügige Kredite der Banken trugen in Kirchs besten Jahren zum Eindruck des machtbesessenen Medienmoguls bei.