Einstieg bei SGL Carbon Klatten gibt wieder Geld aus

Die Schrecken des Erpressungsfalls sind überstanden. Nun hat BMW-Erbin Susanne Klatten den Kopf wieder frei. Über ihre Beteiligungsfirma SKion steigt sie beim Grafit-Spezialisten SGL ein. Unterdessen akzeptiert ihr Erpresser Helg Sgarbi offenbar seine Haftstrafe.

Nachdem ihr Erpresser zu einer Haftstrafe verurteilt worden ist, wendet sich Quandt-Milliardenerbin Susanne Klatten wieder dem Geschäft zu. Sie steigt in großem Stil beim Grafit-Spezialisten SGL ein. Klattens Beteiligungsfirma SKion hat fast acht Prozent an dem Wiesbadener Konzern gekauft und will "in absehbarer Zeit" auf etwas weniger als 25 Prozent aufstocken, wie SKion am Montag mitteilte. Finanzkreisen zufolge kostet Klatten die Beteiligung gut 300 Millionen Euro. SKion erklärte, SGL habe eine "überzeugende Wachstumsstrategie", sei innovativ und stark in der Forschung und passe deshalb gut in die Anlagestrategie von Klatten.

SGL-Vorstandschef Robert Koehler hat mit der Großaktionärin von BMW den ersehnten langfristigen Investor gefunden, der etwas mehr Ruhe in den schwankenden Kurs bringen soll. Am Montag schoss die Aktie erst einmal um 18 Prozent auf gut 20 Euro in die Höhe, obwohl ein SKion-Sprecher eine Übernahme von SGL ausschloss. Koehler begrüßte den Einstieg. Das Unternehmen habe schon seit geraumer Zeit Ankerinvestoren gesucht. Im September hatte der schwäbische Anlagenbauer Voith seinen Anteil auf gut fünf Prozent aufgestockt und die Landesbank Baden-Württemberg als bislang größten Anteilseigner überholt. Voith wollte zu dem neuen Mitaktionär nicht Stellung nehmen. Das Unternehmen aus Heidenheim hatte SGL stets als Finanzbeteiligung bezeichnet.

Keine Sperrminorität geplant

Klatten strebe eine "langfristige Partnerschaft" an, wolle aber definitiv keine Sperrminorität übernehmen, betonte der SKion-Sprecher. Die Aufstockung auf knapp ein Viertel soll aber schnell über die Bühne gehen. Dafür habe die Quandt-Erbin sich bereits einen festen Preis über Derivate-Positionen gesichert. Mit diesen "cash-gesettelten Swaps" folgt sie dem Muster von Porsche. Der Sportwagenbauer hat auf dem gleichen Weg seine geplante Aufstockung bei Volkswagen abgesichert.

SGL legt am kommenden Mittwoch Geschäftszahlen für 2008 vor. Analysten erwarten im Schnitt einen Gewinnanstieg auf 191 (Vorjahr: 131) Millionen Euro. Auch für das laufende Jahr ist das Unternehmen verhalten zuversichtlich: Die Stahlkonjunktur könne sich im zweiten Halbjahr wieder erholen. SGL macht als Hersteller von Grafitelektroden für die Elektrostahlproduktion etwas weniger als die Hälfte des Umsatzes mit dieser Branche.

Erpresser-Anwalt verzichtet auf Revision

Unterdessen wurde bekannt, dass der Erpresser Susanne Klatten wohl seine vom Gericht verhängte sechsjährige Haftstrafe antreten wird. Das Urteil werde am Dienstag rechtskräftig, teilte die Staatsanwaltschaft München I am Montag mit. Weder Anklagebehörde noch Verteidigung hätten Revision eingelegt. "Der Anwalt hat eine Verzichtserklärung abgegeben, die Staatsanwaltschaft wird ebenfalls nicht in Revision gehen", sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler.

Der Schweizer Helg Sgarbi war vor einer Woche vom Landgericht München I wegen gewerbsmäßigen Betrugs und versuchter gewerbsmäßiger Erpressung zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte Klatten und weitere Frauen verführt und dann mit einer erlogenen Geschichte von einem Unfall mit einem schwer verletzten Kind zur Zahlung von insgesamt etwa 9,3 Millionen Euro gebracht. Allein Klatten gab ihm 7 Millionen Euro. Schließlich versuchte er Klatten und eine weitere Frau mit heimlich gedrehten Videos intimer Begegnungen um weitere Millionen zu erpressen. Die Quandt-Erbin und BMW-Großaktionärin zeigte ihn daraufhin an.

DPA · Reuters
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