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Wut über Großspende an die CDU 50.000 Euro im Jahr sind genug

Große Geschenke erhalten die Freundschaft. Die Partei von "Autokanzlerin" Merkel bekommt 690.000 Euro von BMW-Aktionären. Antikorruptions-Experten wird die Kungelei von Politik und Wirtschaft zu bunt.

Nach Bekanntwerden einer Großspende von Hauptaktionären des Autobauers BMW an die CDU wird der Ruf nach neuen Regeln für die Parteienfinanzierung lauter. Die Antikorruptions-Organisation Transparency International Deutschland forderte Bundespräsident Joachim Gauck auf, die Initiative zu ergreifen. Die Vorsitzende der Organisation, Edda Müller, sagte, Gauck solle endlich von seinem Recht Gebrauch machen, eine Parteienfinanzierungskommission einzuberufen. Ein solches Gremium würde Missstände analysieren und Änderungsvorschläge erarbeiten, sagte sie stern.de. Von den Parteien selbst sei keine Initiative in dieser Hinsicht zu erwarten - schließlich würden nahezu alle von dem aktuellen System profitieren.

Bei der CDU gingen am 9. Oktober - also zwei Wochen nach der Bundestagswahl - 690.000 Euro von der Unternehmerin Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten ein, wie auf der Internetseite des Bundestags ausgewiesen wird. SPD, Linke und Grüne verwiesen auf einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintreten der Bundesregierung gegen strengere CO2-Vorgaben für Autos in der EU.

Hintergrund der Aufregung sind Beratungen über niedrigere CO2-Grenzwerte, die in der EU ab 2020 für Neuwagen gelten sollen. Erst am Montag wurde eine Abstimmung der EU-Staaten dazu auf deutschen Druck hin vertagt. Die CDU und die Familie Quandt wiesen die Vorwürfe der Einflussnahme zurück. Die drei Familienmitglieder sind zusammen mit 46,7 Prozent an BMW beteiligt.

Direkter Zusammenhang? Jedenfalls stimmt die Richtung

Müller kritisierte die Spende in dieser Höhe scharf. Auch wenn der unmittelbare Zusammenhang zu der Debatte um verschärfte Abgasnormen nicht nachzuweisen sei, zeige dieser Fall doch klar den Verfall der politischen Sitten. "Der Lobbyismus in Deutschland kann nicht so weitergehen", sagte Müller. "Wir haben zwar kein Dreiklassenwahlrecht mehr. Mit ausreichend Geld kann man sich aber in der Politik gut in Szene setzen", sagte die parteilose Politikerin.

Die Anti-Korruptions-Expertin forderte eine Deckelung der Parteispenden auf 50.000 Euro pro Jahr und eine sofortige Veröffentlichungspflicht der Spenden. Völlig ungeregelt sei hierzulande zudem das Polit-Sponsoring - etwa, wenn eine Autofirma einen Fuhrpark ausstatte oder Unternehmen Partys bei Politikern ausrichten. Notwendig sei zudem eine Karenzzeit von drei Jahren für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln - zumindest, wenn sie in die Branche wechseln, für die sie zuvor zuständig waren. Auch die Organisation Lobbycontrol hatte zuvor eine Obergrenze für Parteispenden von 50.000 Euro je Person und Jahr gefordert. Die Organisation argumentiert, ähnlich wie Transparency , es gebe zwar keine Belege für einen direkten Zusammenhang zwischen Großspenden und Regierungshandeln. "Allerdings gehört BMW neben Daimler zu den Unternehmen, die stark von der Verwässerung der CO2-Grenzwerte profitieren."

Grüne und SPD plädieren für Grenze von 100.000 Euro

Die Grünen sehen bei solchen Spenden ebenfalls Handlungsbedarf. "Wir wollen sie deckeln pro Person und Jahr auf 100.000 Euro", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck der "Frankfurter Rundschau". "Und wir wollen Unternehmensspenden abschaffen, um den Einfluss durch solche Großspenden, die man als Parteiführung ja gar nicht mehr aus dem Kopf kriegt, etwas abzumildern."

SPD-Vize-Fraktionschef Ulrich Kelber forderte die CDU in der "Welt" auf, die Großspende nicht anzunehmen. Auch er plädierte für eine Grenze für Einzelspenden von 100.000 Euro pro Person und Jahr.

Linke-Parteichef Bernd Riexinger sieht die Staatsanwaltschaft am Zug. "Der Zeitpunkt der Spende zeigt, hier wurde nicht einfach eine Partei gekauft, sondern ein Gesetz. Der Verdacht der Bestechung steht im Raum, die Staatsanwaltschaft muss Ermittlungen aufnehmen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Eigentlich war der Begriff "Autokanzler" für deutsche Regierungschefs noch nie eine despektierliche Bezeichnung. Hunderttausende Jobs in Europas größter Industrienation hängen von Daimler, VW, BMW oder Audi ab. Entsprechend selbstbewusst tritt die Branche für ihre Interessen ein und kann sich eines kurzen Drahts ins Machtzentrum in Berlin gewiss sein. Kanzlerin Angela Merkel macht da keine Ausnahme.

Auch FDP, SPD und CSU bekamen Geld

Tatsächlich ist es nicht die erste Zuwendung der BMW-Aktionäre an die CDU. Wenige Tage nach der Wahl 2009 spendeten die Unternehmerin Johanna Quandt und ihre Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten zusammen 450.000 Euro. Dass die aktuelle Spende etwas mit dem Thema CO2-Grenzwerte zu tun habe, weist auch die Familie energisch zurück. Sie sei erst nach der Wahl getätigt worden, um klar zu machen, dass es keine Beeinflussung gebe. Auch aus der CDU-Zentrale wird versichert: "Die Spenden standen und stehen in keinerlei Zusammenhang mit einzelnen politischen Entscheidungen."

BMW äußert sich nicht zu den privaten Spenden der Großaktionäre. Dabei steht der Konzern auch selbst auf der Liste des Bundestags, über die Großspenden ab 50.000 Euro unverzüglich zu veröffentlichen sind: im Februar mit 69.081,24 Euro für die FDP sowie im März mit 107.376,06 Euro für die SPD und 143 817,65 Euro für die CSU. Diese Unterstützung demokratischer Parteien geschieht überwiegend durch Sachleistungen, etwa das Überlassen von Fahrzeugen, wie ein Sprecher erläutert. Der Wert werde dann als Spende ausgewiesen. Auch Daimler steht mit jeweils 100.000 Euro für SPD und CDU in der Liste für 2013.

anb/DPA DPA

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