Griechenland braucht viel mehr Geld als die bislang bekannten 45 Milliarden Euro, die für dieses Jahr zur Verfügung gestellt werden sollen. Europäische Union und Internationaler Währungsfonds (IWF) wollen die Hilfen nach Worten von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin auf 100 bis 120 Milliarden Euro aufstocken. Das Rettungspaket soll drei Jahre laufen, berichtete Trittin am Mittwoch nach einer Unterrichtung der Bundestagsfraktionen durch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Griechenland solle de facto für drei Jahre vom Finanzmarkt genommen werden.
Am Montag will sich das Bundeskabinett zu einer Sondersitzung treffen. Die Regierung hat inzwischen einen Krisenstab eingerichtet. Eine kleine Kabinettsrunde unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Vormittag in Berlin über das weitere Vorgehen in der Griechenland-Krise beraten. Danach verlautete, es bleibe bei dem vereinbarten Fahrplan, dass zunächst der IWF und die Europäische Zentralbank (EZB) mit Griechenland über einen Drei-Jahres-Sparplan verhandelten und die Ergebnisse dann bewertet würden.
Signale vom IWF
Bislang wollte der IWF in diesem Jahr 15 Milliarden Euro und die EU 30 Milliarden Euro zahlen. Davon trägt Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro. Die Hilfen sind seit Dienstag noch dringender: Aufgrund einer Herabstufung auf Ramschstatus durch die Rating-Agentur Standard & Poor's kann sich Griechenland jetzt gar kein neues Geld mehr am Kapitalmarkt besorgen. Daraufhin waren die Börsen weltweit nervös geworden und hatten zum Teil stark verloren. Am Mittwoch erholten sich die Kurse im Tagesverlauf aber etwas, genau wie der Euro.
Banken zahlen nicht für Griechen-Rettung
Die Banken werden von den Hilfen keinen Cent zahlen müssen, auch wenn sie Gläubiger Griechenlands sind. Die Bundesregierung lehnt ungeachtet entsprechender Forderungen aus allen Fraktionen eine Beteiligung von Banken an dem Hilfspaket ab. Das sagte Regierungssprecherin Sabine Heimbach. Das Finanzministerium widersprach zudem Befürchtungen, Portugal oder Spanien könnten in ähnliche Notlage wie Griechenland geraten. Die beiden Länder seien in keiner vergleichbaren Situation.
Das sieht man in Portugal selbst genauso. Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos wies jeden Vergleich zu Griechenland zurück: Es sei Mehrheitsmeinung, dass die Lage in Portugal und die in Griechenland "zwei verschiedene Realitäten" seien, sagte Teixeira dos Santos. Das Land müsse sich "gegen diesen Angrif der Märkte" zur Wehr setzen, erklärte Wie in der Vergangenheit werde die Regierung das Nötige tun, um das Defizit zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit der portugiesischen Wirtschaft zu stärken. Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte die Kreditwürdigkeit des Landes am Dienstag gleich zwei Stufen herabgestuft. Spekulanten könnten das Land nun zu ihrem nächsten Ziel machen.
Die Zahlen an der Algarve sehen in der Tat etwas freundlicher aus als die von der Akropolis: Die Neuverschuldung in Portugal erreichte im vergangenen Jahr 9,4 Prozent, die Gesamtverschuldung stieg damit auf 76,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: In Griechenland erreichte die Neuverschuldung vergangenes Jahr 13,6 Prozent, die Gesamtverschuldung lag bei 115,1 Prozent des BIP. Die sozialistische Minderheitsregierung in Lissabon hat bereits ein striktes Sparprogramm aufgelegt. Teixeira dos Santos rief die Opposition am Mittwoch auf, die Maßnahmen zu unterstützen.