Die Angst der Anleger vor den Folgen der Finanzkrise hat auch am Donnerstag tiefe Spuren an den Aktienmärkten hinterlassen. Eine Rezession vor Augen, warfen Investoren in Europa erneut Aktien aus ihren Beständen. Der Dax rutschte um 4,9 Prozent auf 4622 Punkte ab. Der Stoxx50 verlor rund fünf Prozent auf 2137 Punkte.
"Kaum scheint man die Finanzkrise halbwegs im Griff zu haben, zeigt sich immer mehr, dass weltweit das Wirtschaftswachstum wegbricht", fasste ein Händler die Stimmung zusammen. Der Markt schwankte zeitweise zwischen Panik und Hoffnung - Spekulationen auf Zinssenkungen hatten die Börsen zwischenzeitlich ihre Verluste eingrenzen lassen.
Gleichzeitig plünderten Investoren ihre Bestände an Rohstoffen, um Verluste auszugleichen und wieder an Bargeld zu kommen. Die Preise für Rohöl fielen wegen der Spekulation auf eine schwächere Nachfrage um mehr als sechs Prozent unter 70 Dollar pro Barrel, auch Gold und Industriemetalle wie Kupfer gaben deutlich nach.
"Die Nervosität ist extrem hoch, wir sehen hier Kursbewegungen in einer Heftigkeit, wie wir sie noch nie erlebt haben", sagte ein Börsianer. "Es traut sich niemand, dagegen zu halten und Aktien zu kaufen", fasste ein anderer zusammen. Den großen Investoren wie den Banken, Versicherungen und Fonds seien wegen der Krise die Hände gebunden. Zudem setze sich die Einschätzung durch, dass die Kurse der meisten Aktien noch viel zu hohe Gewinnerwartungen widerspiegelten. "Das muss noch weiter nach unten angepasst werden", sagte ein Disponent.
Weltweite Abstürze
Der bange Blick der Händler in Europa geht derzeit in die USA, wo der Dow Jones am Vorabend getrieben von Rezessionsängsten am Mittwoch den größten prozentualen Tagesverlust seit dem Börsencrash 1987 verzeichnet hatte. In Tokio gab es danach Panikverkäufe, der Nikkei-Index war um mehr als elf Prozent in die Tiefe gerauscht. Auch am Donnerstag lagen die großen US-Indizes zu Börsenschluss in Europa im Minus: der Dow Jones verlor weitere 2,4 Prozent, der Nasdaq-Composite 1,6 Prozent.
Trotz der eilig geschnürten Rettungspakete für die Banken kamen Finanzwerte in Europa erneut unter die Räder. Unruhe gab es zeitweise bei den Titeln der Postbank wegen Spekulationen um ein Scheitern des Einstiegs der Deutschen Bank. Ein Post-Sprecher betonte, die Vereinbarung stehe, daran gebe es keine Änderungen. "Ich denke, da ist nichts dran. Aber es passt in die Zeit", sagte auch ein Händler. Die Postbank-Titel verloren 8,4 Prozent. Deutsche Bank gaben sechs Prozent nach.
In der Schweiz muss nun auch die Großbank UBS nach der rettenden Hand des Staates greifen, nachdem Kunden im Heimatmarkt in den vergangenen Wochen massiv Gelder abgezogen hatten. Die Papiere verloren fünf Prozent. In den USA fielen die Papiere von Citigroup um mehr als neun Prozent, nachdem die Bank einen Milliardenverlust im dritten Quartal auswies.
Verlierer: Post und Einzelhandel
Größter Verlierer im Dax waren die Aktien der Deutschen Post mit einem Minus von rund 14 Prozent. Nach unten gezogen wurden die Papiere vom niederländischen Konkurrenten TNT, der wegen der düsteren Konjunkturaussichten seinen Ausblick für das Kerngeschäft stark gesenkt hat. TNT-Aktien gaben 13,4 Prozent ab.
Konsumwerte litten unter schwachen Einzelhandelszahlen aus den USA. Zudem kündigte das Internet-Auktionshaus Ebay ein schwieriges Weihnachtsquartal an. Die Aktien der Kaufhof-Mutter Metro fielen um 4,5 Prozent, die der Karstadt-Mutter Arcandor um 15,3 Prozent. Nokia-Aktien verloren rund vier Prozent. Der finnische Handy-Hersteller hat im Quartal weniger verdient als erwartet. Wieder einmal gegen den Trend tendierten die VW-Aktien, die 2,5 Prozent auf 398 Euro anzogen.