Handel Bio-Supermärkte auf dem Vormarsch

Im deutschen Einzelhandel, der gerade ein rabenschwarzes Jahr hinter sich hat, haben sich die Bio-Supermärkte zu einem der wenigen neuen Erfolgsmodelle entwickelt.

Sie heißen Alnatura, Basic oder Supernatural. Die Namen sind Programm. Sie stehen für eine neue Generation von Bio-Supermärkten mit einem großen Sortiment an Öko-Produkten für den Alltagsgebrauch. Und das zu Preisen, die ansonsten eher im normalen Supermarkt zu finden sind als im kleinen Bioladen an der Ecke. In Berlin-Kreuzberg, wo Europas größter Bio-Supermarkt LPG mit 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche seine Heimat hat, ist der Liter Bio-Vollmilch beispielsweise für 85 Cent zu haben.

Im deutschen Einzelhandel, der gerade ein rabenschwarzes Jahr hinter sich hat, haben sich die Bio-Supermärkte zu einem der wenigen neuen Erfolgsmodelle entwickelt. Mehr als 250 Naturkost-Läden mit jeweils über 200 Quadratmetern Verkaufsfläche sind in den vergangenen Jahren entstanden. Derzeit kommt jede Woche ein neuer hinzu - meist in Groß- und Universitätsstädten. Die grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast jubelt bereits: "Die Bio-Supermärkte sind zu einer wahrhaften Wachstumsbranche geworden."

60 Prozent der Deutschen kaufen gelegentlich Bio-Produkte

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mit ökologisch hergestellten Lebensmitteln knapp 3,5 Milliarden Euro Umsatz gemacht - ein Plus von mehr als zehn Prozent. Bei den Bio-Supermärkten waren die Wachstumsraten nach Angaben des Bundesverbands Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) sogar noch deutlich höher. Angesichts von mehr als 100 Milliarden Jahresumsatz in der gesamten Ernährungsindustrie ist der Bio-Markt aber trotzdem noch eine Nische: Der Marktanteil beträgt nur etwas mehr als drei Prozent.

Alles weist aber darauf hin, dass der Anteil weiter kräftig steigen wird. Nach einer Umfrage des Emnid-Instituts kaufen 60 Prozent der Bundesbürger zumindest gelegentlich Bio-Produkte ein. Die Supermärkte erschließen der Öko-Branche dabei einen neuen Kundenkreis. "Geschmack und Qualität zählen mehr als ökologische Gesinnung", sagt BÖLW-Geschäftsführer Alexander Gerber. Die meistverkauften Bio-Lebensmittel sind Milch, Butter und Eier.

Auch der klassische Handel hat den Bio-Trend erkannt

Im Moment teilen sich noch wenige Filialketten das Geschäft auf. Marktführer ist Alnatura, das im vergangenen Jahr mit 16 Bio-Supermärkten auf rund 40 Millionen Umsatz kam. Für 2005 sind fünf Neueröffnungen geplant. Zu den Branchengrößen gehören auch die Münchner Basic, Supernatural aus Bonn oder die in Berlin ansässige LPG (Lecker, preiswert & gesund) - was in der DDR früher die Abkürzung für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft war.

Die Bereitschaft, für gesunde Kost mehr Geld auszugeben, hat aber längst auch der klassische Handel erkannt. Fast alle Supermärkte haben inzwischen Produkte unter Bio-Eigenmarken oder von Bio-Herstellern im Angebot. Bei Edeka gibt es in einzelnen Filialen bereits integrierte Bio-Läden. Plus hat in allen 2700 Filialen die eigene Handelsmarke "BioBio" mit 30 Produkten stehen. Und selbst bei Aldi gehören Freiland-Eier und Bio-Käse zum Sortiment.

Rewe-Gruppe will eigene Bio-Supermärkte aufbauen

Am weitesten geht jetzt jedoch die Rewe-Gruppe ("Rewe", "miniMal", "Penny"). Der zweitgrößte deutsche Handelskonzern will unter seinem Dach eine eigene Bio-Kette aufbauen. Die erste Filiale mit 700 Quadratmetern Fläche soll bereits im Mai in Düsseldorf eröffnen. Neben den geläufigen Bio-Handelsmarken und der Rewe-Eigenmarke "Füllhorn" sollen auch Produkte regionaler Anbieter angeboten werden.

"Wir wollen klar machen, dass gesunde Ernährung nicht automatisch teuer sein muss", sagt Projektsprecherin Sabine Raiser. Wenn alles gut geht, sind bis Ende 2008 weitere 20 Neu-Eröffnungen geplant. Der Name der neuen Kette wird noch geheim gehalten. Die Branche ist sich sicher, dass bei einem Rewe-Erfolg die Konkurrenz nachziehen wird.

Zudem wird gemunkelt, dass bald auch der US-Konzern Whole Foods nach einem ersten Ausflug nach Großbritannien auch nach Deutschland kommen könnte. Auf dem Heimatmarkt machen die Öko-Amis in ihren 145 Läden mit durchschnittlich 2900 Quadratmeter Verkaufsfläche bereits einen Jahresumsatz von drei Milliarden US-Dollar - deutlich mehr als alle deutschen Bio-Supermärkte zusammen.

Christoph Sator/DPA