Was passiert, wenn es ein Dosenpfand gibt, aber keine Bierdose mehr? Im Dauerstreit zwischen Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und der Getränkewirtschaft scheint selbst dieses absurde Szenario inzwischen möglich.
Die Branche hat kurzerhand ihre Zusage vom Dezember gebrochen, bis zum 1. Oktober ein flächendeckendes Rücknahmesystem für Getränkedosen und Einwegflaschen aufzubauen. Sie stützt sich dabei auf einen Brief der EU-Kommission an Trittin, in dem Brüssel das derzeitige Wirrwarr um die unvollständige Umsetzung des Pfandes kritisiert.
Ein Brief nützt beiden Seiten
Dieses höchst diplomatisch formulierte Schreiben führen jetzt beide Seiten - Pfandgegner und -befürworter - als Argument für ihre Interessen an. So sieht das Umweltministerium in dem Brief eine Bestätigung dafür, dass es so rasch wie möglich ein bundesweites Rücknahmesystem geben muss. Die Einweg-Industrie sieht sich indes darin bestätigt, dass die Regeln zum deutschen Dosenpfand dem Gemeinschaftsrecht widersprechen.
Trittin vermutet Vorwände
Fakt ist, dass der Einzelhandel den Aufbau eines bundesweiten Rücknahmesystems jetzt bereits für beendet erklärt hat. Trittin vermutete sofort, dass der Brüsseler Brief der Getränkebranche nur als Vorwand gedient habe, um das Zwangspfand erneut zu torpedieren. Trittins Haus sieht in dem Bruch der Zusagen der Wirtschaft einen politischen Vorstoß, um den gesamten Mehrweg-Schutz zu kippen. Doch will sich das Ministerium nicht erpressen lassen. Mit einem neuen 'Dosen-Gipfel' will Trittin nach Pfingsten seine Pfandpläne retten.
Will er nur die Dose töten?
Die Getränke-Branche holt unterdessen aber schon zu einem weiteren Schlag aus. Sie vermutet, dass der Grünen-Minister mit dem kompromisslosen Festhalten am Pfand die Dose "auf die kalte Tour" verbieten will. Ein Teil der Getränkewirtschaft ist den Dauerstreit inzwischen so leid, dass er Einweg als Quelle ständigen Ärgers aus den Regalen verbannen will. Den "Tod der Dose" befürchtet bereits der Einzelhandel.
Die Pfandgegner weisen Vorwürfe zurück, ihre Blockade habe politische Motive. Nicht die Politik, sondern die Kostenrechner diktierten das Geschehen, heißt es in der Branche. Der enorme Mehraufwand für die Rücknahme und die Pfandauszahlung lohne sich einfach nicht, meldet bereits der Discounter Aldi-Süd.
Trittin will keine Alternativvorschläge
Trittin aber hält unbeirrt am Dosenpfand fest. Dabei könnte seine neue Verpackungsverordnung, die die Pfandregeln vereinfachen soll, im Bundesrat scheitern, in dem die Unions-geführten Länder die Mehrheit haben. Ziemlich eingemauert habe sich der Minister, heißt es im Lager der Pfandgegner. Für Alternativvorschläge habe er kein Ohr.
Nächste Woche Dosen-Gipfel
Trittin selber hat noch ein Druckmittel in der Hand. Den für die Umsetzung der geltenden Dosenpfandregelungen zuständigen Ländern hatte er empfohlen, bis zum Aufbau des bundesweiten Rücknahmesystems provisorische Regelungen zu dulden. Diese Empfehlung gilt noch bis zum Dosen-Gipfel nächste Woche. Sollte die Einweg-Branche nicht zu ihrer früheren Zusage zurückkehren, drohen ihr Bußgelder. Allerdings liegen die Strafen im Ermessensspielraum der Länderbehörden.
Einer will sich auf die Endlos-Schlacht um die Dose nicht einlassen, und das ist Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Zur Chefsache werde die Dose nicht gemacht, sagte ein Regierungssprecher.