Nach der Ankündigung von Prokon-Chef Carsten Rodbertus, einige der mehr als 50 Windparks verkaufen zu wollen, hat sich ein erster Interessent gemeldet. "Die Übernahme von Bestandsparks gehört zu unserem Geschäft", sagte ein Sprecher des Hamburger Solar- und Windkraftbetreibers Capital Stage AG am Freitag. Dazu müsse nicht unbedingt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewartet werden: "Sobald der vorläufige Insolvenzverwalter bereit ist, sind wir es auch." Die börsennotierte Capital Stage AG betreibt 34 Solar- und 5 Windparks mit einer Leistung von rund 241 Megawatt in Deutschland, Italien und Frankreich.
Finanzielle Allgemeinbildung fürs Volk
Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) lehnte pauschale Verbote von Anlageformen wie Genussrechten ab, wie sie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angesichts einer möglichen Prokon-Pleite ins Spiel gebracht hatte. "Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Anlegern Vorschriften zu machen, in welche Anlageformen oder in welche Branchen sie investieren dürfen", sagte Christine Bortenlänger, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Aktieninstituts, in Frankfurt.
Vielmehr müsse die Politik endlich dafür sorgen, dass die finanzielle Allgemeinbildung in der Bevölkerung verbessert werde. "Jeder Anleger muss in die Lage versetzt werden, die mit einem Investment verbundenen Risiken einzuschätzen und auf dieser Basis eine fundierte Entscheidung zu treffen", forderte Bortenlänger.
Informationen über die Unternehmen und die einzelnen Anlageangebote lägen im Regelfall ausreichend vor. Was fehle, sei die Fähigkeit vieler Anleger, diese Informationen auch auszuwerten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das DAI vertritt Interessen von börsennotierten Aktiengesellschaften, Banken, Börsen und Investoren.
Prokon könnte eine Zukunft haben
Die Beschäftigen von Prokon können hoffen, dass ihr Unternehmen trotz des Insolvenzantrags eine Zukunft hat. Er sei verhalten optimistisch, "dass wir auf einem guten Weg sind", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin nach einem Krisengespräch in Itzehoe. Zwei Tage nach dem Insolvenzantrag lasse sich die Situation aber noch nicht verlässlich einschätzen. Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) versicherte den Beschäftigten: "Wir lassen Sie nicht allein!"
Im historischen Kreistagssaal erörterten Penzlin und Meyer mit den Spitzen der Stadt und des Kreises die Lage. Vertreter der Arbeitsagentur, der Wirtschaftsförderungsgesellschaften des Landes (WTSH) und der Gewerkschaften nahmen ebenfalls teil, um ihre Möglichkeiten auszuloten.
"Jetzt geht es darum, dass der vorläufige Insolvenzverwalter eine Strategie entwickelt und wir ihn dabei begleiten", sagte Meyer. Land, Kreis und Stadt wollten Flagge zeigen, "dass wir uns kümmern und Hilfe anbieten". Meyer sprach von einem "sehr konstruktiven, offenen Gespräch". Er habe "ein gutes Gefühl", sagte der Minister. In einem Monat ist das nächste Treffen geplant.
Die Aufrechterhaltung des Produktionsbetriebs des Windkraft-Unternehmens ist laut Penzlin zunächst die vorrangige Aufgabe. "Im Kernbereich Wind können wir guten Mutes sein", sagte Penzlin. Er bestätigte, dass Prokon bereits vor dem Insolvenzverfahren Gespräche über den Wert und Verkauf von Windkraftanlagen begonnen habe, um frisches Geld zu bekommen.
Es sei aber juristisch noch ungeklärt, ob in der Phase des Insolvenzeröffnungsverfahrens überhaupt solche Sachwerte verkauft werden könnten. Um die Liquidität des Unternehmens mache er sich aber "mittelfristig" keine Sorgen: "Die Windräder drehen sich ja weiter."
Insolvenzverfahren dauert mehrere Monate
Für die rund 75.000 Anleger, die Prokon rund 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt haben, heißt es weiterhin abzuwarten. Während des mehrere Monate dauernden Insolvenzeröffnungsverfahrens dürften gekündigte Genussrechtsscheine nicht ausbezahlt werden, bekräftigte Penzlin. Sollte ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, habe die Sanierung des Unternehmens Vorrang vor Auszahlungen an die Anleger.
Penzlin unterstrich erneut, dass nicht die gesamte Prokon-Gruppe mit insgesamt 1300 Mitarbeitern einen Insolvenzantrag gestellt habe, sondern allein die Muttergesellschaft Prokon Regenerative Energien mit 480 Mitarbeitern. Allein für diese Beschäftigten werde Insolvenzgeld beantragt.
Die Januarlöhne habe das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag gezahlt. In den Monaten Februar, März, April seien die Löhne dank des Insolvenzgeldes durch die Agentur für Arbeit gesichert. Für Prokon-Tochterunternehmen sei ein Insolvenzantrag "derzeit nicht absehbar", so der Anwalt.