Für rund 11,2 Milliarden Euro will der Familienkonzern Schaeffler den wesentlich größeren Dax-Konzern Continental übernehmen. Die Franken gaben am Dienstag ein offizielles Übernahmeangebot ab. Man beabsichtige, den Conti-Aktionären mindestens 69,37 Euro je Stückaktie zu zahlen, teilte das Unternehmen in einer Pflichtmitteilung für die Börse mit.
Conti prüft Angebot
Eine Conti-Sprecherin sagte der AP, man wolle das Angebot zunächst prüfen. Der Continental-Kurs schnellte am späten Nachmittag in die Höhe, eine Aktie kostete gegen 17.30 Uhr bereits rund 74,00 Euro. Schaeffler betonte, Continental solle "als eigenständiges, börsennotiertes Unternehmen im Ganzen bestehen bleiben". Arbeitsplätze sollten nicht abgebaut werden, der Firmensitz solle in Hannover bleiben. Man stehe für eine Fortführung der Gespräche mit Conti sowie einen Dialog mit Arbeitnehmervertretern zur Verfügung.
Schaeffler-Vorstandschef Jürgen Geißinger sagte: "Schaeffler unterstützt die Strategie von Continental ausdrücklich, auch in Bezug auf das Reifengeschäft." Man biete Conti als langfristig orientierter Großaktionär die Stabilität und Sicherheit, seinen Kurs auch in einem schwierigen Marktumfeld fortzuführen. Der Fokus liege "auf der Kombination der Stärken beider Unternehmen".
Optionen auf 28 Prozent der Aktien
Schaeffler hält derzeit nach eigenen Angaben 2,97 Prozent an Conti und ist berechtigt, weitere 4,95 Prozent zu erwerben. Hinzu kämen Optionen auf weitere 28 Prozent der Aktien. Die Finanzierung des Übernahmeangebots für den Erwerb aller Aktien sei in vollem Umfang gesichert: "Schaeffler wird die Finanzierung aus eigener Kraft bedienen und ist nicht auf Mittel der Continental AG angewiesen", teilte der Konzern mit.
Zuvor hatte Conti erste Maßnahmen im Abwehrkampf gegen Schaeffler ergriffen und die Finanzaufsicht eingeschaltet. Die Hannoveraner verwiesen darauf, dass Schaeffler bereits Zugriff auf 36 Prozent der Stimmrechte habe und zunächst kein Pflichtangebot vorgelegt habe. Solange kein Pflichtangebot vorlag, konnte Conti sich nicht aktiv gegen den Übernahmeversuch wehren.
Meldepflichten unterlaufen?
Mehrere Medien hatten zuvor berichtet, eine Gruppe internationaler Banken habe Aktien des Autozulieferers gekauft und Schaeffler mit Optionen ausgestattet. Mit Optionen sichert man sich das Recht, Wertpapiere in einem Zeitraum oder zu einem festgelegten Zeitpunkt kaufen zu können. Mit der Zwischenschaltung der Banken sei es Schaeffler gelungen, die Meldepflichten für derartige Börsengeschäfte zu unterlaufen. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" kann Schaeffler unter anderem auf die Hilfe der Dresdner Bank, der LBBW und der Royal Bank of Scotland setzen.
Dem Continental-Kurs an der Frankfurter-Börse verlieh das Angebot kräftig Auftrieb: Gegen den tiefroten Trend lag das Conti-Papier bis 17.30 Uhr gut zwölf Prozent im Plus; es war die am zweitmeisten gehandelte Aktie im DAX. In Niedersachsen formiert sich indes Widerstand gegen eine Übernahme. Ministerpräsident Christian Wulff sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Wir betrachten die Entwicklung sorgenvoll." IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine bekräftigte: "Wir werden mit allen Mitteln verhindern, dass ein völlig intransparentes Unternehmen möglicherweise Continental übernimmt und zerschlägt."