Mobilfunkanbieter O2 schiebt hartes Sparprogramm an

  • von Gerhard Hegmann
Dem Mobilfunkbetreiber O2 droht ein massives Sparprogramm. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" bestehen intern Überlegungen, bis zu 1000 Arbeitsplätze zu streichen - mehr als 20 Prozent der Belegschaft.

Zudem verhandelt O2 mit dem Netzausrüster Nokia Siemens über die Auslagerung des Netzbetriebs. Bereits im Frühjahr 2006 hatte eine europäische Vergleichsstudie unter 33 Netzbetreibern massive Schwächen in der IT und eine Vielzahl ineffizienter Abläufe bei dem Münchner Unternehmen aufgezeigt. Nun beschleunigt der O2-Eigentümer, Spaniens Telefónica, das Tempo. Ein Firmensprecher bestätigte den Handlungsdruck, lehnte es aber ab, sich zu einzelnen Maßnahmen zu äußern.

Mit der Sättigung des Mobilfunkmarkts und des seit fast zwei Jahren anhaltenden Preisdrucks werden die Schwächen des Münchner Netzbetreibers deutlich: Er hat sich auf jüngere, technikverliebte Kunden, sogenannte "Prosumer", konzentriert, besitzt aber weniger als sieben Prozent Firmenkunden. Diese Mischung rächt sich nun: Die Branchengrößen Vodafone und T-Mobile bieten längst mit dem O2-Genion-Tarif vergleichbare Produkte zum billigen Telefonieren in der eigenen Wohnung - und haben O2 damit des wichtigsten Alleinstellungsmerkmals beraubt.

Preiskampf und drückende Altlasten

Kalt erwischt hat das Unternehmen auch der harte Preiskampf. Mit immer neuen Billigangeboten versucht der Branchenzwerg, Anschluss zu halten, gerät durch ineffiziente Prozesse aber zunehmend in Schieflage. So hat O2 inzwischen die höchsten Kundengewinnungskosten, aber die niedrigsten Margen. Das Nettoergebnis ist nach eigenem Bekunden seit Jahren rot gefärbt. Genaue Zahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht.

O2 kämpft zudem mit Altlasten. Das Unternehmen war 1998 unter den Namen Viag Interkom als Letzter der vier Netzbetreiber in Deutschland gestartet. Unter Zeitdruck hatte das Management damals vor allem bei der IT Flickwerk geschaffen. So konnte O2 nach dem Start seines Genion-Angebots monatelang keine Rechnungen versenden. Ähnliches widerfuhr dem Mobilfunker bei der Zusammenarbeit mit dem Kaffeeröster Tchibo, der O2-Produkte unter eigenem Namen vermarktet.

Kaum Erfolge durch Projekt Galileo

Seit knapp einem Jahr versucht O2 daher gemeinsam mit dem IT-Berater Accenture, seine Techniklandschaft zu bereinigen und vor allem das Abrechnungswesen sowie den Kundenservice auf Vordermann zu bringen. Das Projekt Galileo habe aber bislang kaum Erfolge gebracht, berichten Insider. Zuletzt musste Rudolf Gröger, Chef von O2 in Deutschland, sogar eingestehen, dass O2 wohl Monate brauchen werde, neue Regulierungsvorgaben der EU technisch umzusetzen.

Der direkte Wettbewerber E-Plus ist wesentliche Schritte voraus: Die Düsseldorfer haben in den vergangenen zwei Jahren ihre IT, die Callcenter sowie die Handy-Shops ausgelagert. Das Netz wird inzwischen von Alcatel-Lucent betrieben. So schrumpfte die Zahl der Mitarbeiter von einst 4500 auf heute noch 2100. Die operative Marge (Ebitda) wuchs binnen zwei Jahren von 21,1 auf 36,2 Prozent im ersten Quartal 2007. O2 musste sich zum Jahresende 2006 hingegen mit 21,8 Prozent bescheiden. Die Zahlen für das erste Quartal veröffentlicht O2 am Mittwoch.

Spanische Mutter erwartet Erfolge

Viel Zeit bleibt Gröger nicht, die Probleme in den Griff zu bekommen. Die spanische Mutter erwartet spätestens 2008 Erfolge. Dabei soll zwar das neue Geschäft mit DSL-Internetzugängen helfen. Von den hochfliegenden Zielen, 20 Prozent aller DSL-Neukunden in Deutschland für O2 zu gewinnen, hat sich das Münchner Unternehmen inzwischen verabschiedet: Die internen Prozesse waren zu fehlerhaft, der Wettbewerb zu intensiv.

Auch genießt Gröger intern nicht mehr die ungeteilte Unterstützung. Ein erster Putschversuch von Finanzchef Axel Salzmann und Vertriebschef Gerhard Mayrhofer scheiterte allerdings im vergangenen Jahr. Beide Geschäftsführer waren im Frühjahr 2006 heimlich nach London geflogen, um Gröger bei Peter Erskine, dem Chef der O2-Gruppe, anzuschwärzen. Der Vorwurf der Revoluzzer: Die veröffentlichten Zahlen in Deutschland gäben nicht die wahre Lage des Unternehmens wieder.

FTD