Es war eines der bestgehüteten Geheimnisse vor der Spielwarenmesse in Nürnberg: Der Modellbahnhersteller Märklin produziert wieder Militärspielzeug. Die neue Produktlinie "Metal Military Mission by Märklin (4MFOR)" wurde unter anderem mit quadratmetergroßen Tragetüten und Lara-Croft-ähnlich gekleideten Models beworben. Damit hat die neue Führung unter dem britischen Finanzinvestor Kingsbridge mit einer seit 1945 penibel gepflegten Tradition des schwäbischen Unternehmens gebrochen: nämlich kein Kriegsspielzeug zu produzieren.
Kingsbridge hatte das angeschlagene schwäbische Unternehmen im Mai 2006 aus Familienbesitz übernommen. Die Sanierungsmaßnahmen begannen mit einer neuen Geschäftsführung und gingen Anfang des Jahres mit der Bekanntgabe weiter, das Werk im thüringischen Sonneberg mit rund 300 Mitarbeitern bis Jahresende zu schließen. Vor wenigen Tagen gab Märklin die Zahlen für 2006 bekannt, aus denen hervorgeht, dass der Abwärtstrend beim Umsatz gestoppt worden ist.
Gestiegene Nachfrage nach Militärspielzeug
Begründet wurde die neue Produktlinie mit der Nachfrage am Markt. Der neue Geschäftsführer Axel Dietz sagte: "Die Bundeswehr steht für humanitäre Einsätze." Deutschland engagiere sich mit einigen dieser Fahrzeugen in der ganzen Welt, und sie würden ja auch tatsächlich auf Züge verladen, wie sie Märklin anbiete. Marktbeobachter auf der Messe, darunter sowohl Händler als auch Konkurrenten des Göppinger Herstellers, bestätigten, dass die Nachfrage nach Militärspielzeug im Modellbahn-Umfeld gestiegen sei. Über einen der Konkurrenten, die österreichische Marke Roco, hieß es, deren vor zwei Jahren angemeldete Insolvenz habe "bestimmt nicht daran gelegen, dass Roco Panzer angeboten hat". Bislang sind von Großserienherstellern lediglich Plastikmodelle von Panzern und anderen Militärfahrzeugen auf dem Markt; Märklin wirbt nun mit Metallprodukten. In Nürnberg wurden Fahrzeuge in den Maßstäben 1:87 (H0) und 1:32 (Spur 1) vorgestellt. Sie sind ausschließlich in Bundesfarben gehalten und reichen vom Geländewagen "Wolf" für knapp zehn Euro bis zum Kampfpanzer "Leopard 2" für 16 Euro in der H0-Variante.
Das Unternehmen Märklin, das seit 1859 Spielwaren produziert, hatte bis in den Zweiten Weltkrieg hinein neben Eisenbahnen, Blechspielzeug aller Art und Puppenstuben Militärspielzeug angeboten. Hohen Sammlerwert haben unter anderem Kriegsschiffe aus der Zeit des Kaiserreichs ebenso wie Metall-Flugzeugmodelle aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, teils mit Hakenkreuz-Hoheitszeichen. Seit Kriegsende verfolgten die Familien-Eigentümer das Prinzip, kein Militärspielzeug anzubieten, nicht einmal Spielzeugautos in Tarnanstrich.