Auf die kommunalen Kliniken in Deutschland kommen nach vier Jahren erneut Streiks zu. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) erklärte am Donnerstag in Düsseldorf nach fast 30-stündigen Verhandlungen das Scheitern und den Abbruch der Tarifverhandlungen für die 55.000 Ärzte in den 800 Kliniken. Der MB leitete zugleich die Urabstimmung über einen Streik unter seinen Mitgliedern ein. Ab Mitte Mai sei mit lang anhaltenden Streiks der Mediziner zu rechnen. Nur Berlin und Hamburg seien davon ausgenommen.
MB-Verhandlungsführer Lutz Hammerschlag machte die Arbeitgeber für das Scheitern verantwortlich: "Bis zur Stunde liegt nicht einmal ein förmliches Angebot der Arbeitgeber vor", sagte er. Mit dieser Haltung seien Streiks unvermeidlich.
Die Arbeitgeber haben den Abbruch der Tarifverhandlungen scharf kritisiert. Der Marburger Bund lasse ernsthaften Einigungswillen vermissen, teilte die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (VKA) mit. Ferner trage er der schwierigen wirtschaftlichen Situation keine Rechnung und lasse jedes Verantwortungsbewusstsein vermissen, hieß es weiter.
Die VKA verurteilte, dass am Donnerstagmorgen ein gemeinsamer Verhandlungsstand erreicht gewesen sei, den der Marburger Bund am Nachmittag wieder aufgekündigt habe. "Dieses Vorgehen ist in Inhalt und Stil in keiner Weise akzeptabel", sagte VKA-Verhandlungsführer Joachim Finklenburg.
Die Gewerkschaft hatte für die Ärzte an den Kliniken eine Erhöhung der Gehälter um durchschnittlich fünf Prozent und eine deutlich bessere Bezahlung von Bereitschaftsdiensten, vor allem in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen gefordert. Die Arbeitgeber lehnten dies ab. Sie boten zuletzt Einkommenssteigerungen von 2,9 Prozent bei einer Laufzeit von 36 Monaten und orientierten sich dabei am Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, der auch für die nichtärztlichen Angestellten in Krankenhäusern gilt.
Der VKA kritisierte die Gehaltsforderungen. "Ärzte sind die Berufsgruppe, die nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch im Vergleich zu anderen Akademikergruppen bereits jetzt am besten verdienen", hieß es. Unter den angekündigten Streiks würden in erster Linie unbeteiligte Patienten leiden. Das Ringen um eine Lösung in dem Tarifkonflikt ist besonders zäh: Arbeitgeber und Marburger Bund hatten bereits in der fünften Runde verhandelt. Die Tarifverhandlungen hatten bereits am 18. Januar begonnen und waren zeitweise von Warnstreiks des Marburger Bundes begleitet gewesen.