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Verhandlungen zur Griechenland-Krise Und sie bewegen sich - doch noch nicht

Neue Finanzhilfen für Griechenland sind greifbar nahe. Die Sparvorschläge liegen auf dem Tisch, doch das Krisentreffen der Regierungsparteien ist schon wieder geplatzt. Die Nerven liegen blank.

In den monatelangen Verhandlungen im griechischen Schuldendrama sind offenbar echte Fortschritte erzielt worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält es für möglich, dass die Verhandlungen über neue Sparanstrengungen Athens bis Donnerstagabend abgeschlossen sind. Es sei denkbar, dass ein Bericht der internationalen Finanzkontrolleure - Voraussetzung für weitere 130 Milliarden Euro - bis dahin fertig sei. Ohne neue Hilfen wäre Griechenland bis Ende März pleite.

Es sei wahrscheinlich, dass die Finanzminister der Eurogruppe am Donnerstagabend tagen könnten, sagte die CDU-Vorsitzende in der Sitzung der Unionsfraktion nach Teilnehmerangaben. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich am Dienstag zuversichtlich. "Ich glaube, dass wir einer Einigung sehr nahe sind", sagte er in Brüssel. Die Märkte reagierten positiv auf die hoffnungsvollen Signale. Der Euro legte kräftig zu und übersprang die Marke von 1,32 US-Dollar.

Endgültige Sparliste steht

In Athen ging der Poker weiter. Wie die Nachrichtenagentur DPA aus Regierungskreisen erfuhr, ist die endgültige Sparliste fertig. Allerdings wurde das für den Abend geplante Treffen des griechischen Ministerpräsidenten Lucas Papademos mit den Vorsitzenden der Regierungsparteien auf Mittwochmorgen verschoben. Die Verzögerung bedeutet nach Angaben der Sprecherin aber nicht, dass grundsätzliche Probleme aufgetaucht seien. Es gehe lediglich darum, "Feinheiten" des Sparprogramms mit den Kontrolleuren der internationalen Geldgeber abzustimmen. Die Übereinkunft über das Sparprogramm gilt als Voraussetzung für alle weiteren Schritte, wie die Zustimmung der EU zur Zahlung der nächsten Hilfstranche und auch des neuen 130-Milliarden-Hilfspaketes für Athen.

Nach Informationen des staatlichen Rundfunks soll es etwa 15 Seiten haben. Auf der Streichliste stehen neben Einschnitten im privaten Sektor auch Kürzungen der Ausgaben für Medikamente, für Rüstung sowie die Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden. Papademos, ein parteiloser Finanzexperte, ist auf eine breite innenpolitische Unterstützung angewiesen.

Einsparungen von 4,4 Milliarden Euro sind nötig

Derzeit verhandelt Athen mit der "Troika" aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) über neue Sparmaßnahmen, ohne die keine weiteren Hilfen fließen und die Staatspleite droht.

Insgesamt sollen im Jahr 2012 weitere 4,4 Milliarden Euro eingespart werden. Geplant sind unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor zwischen 20 bis 30 Prozent. Die Regierung will zudem noch in diesem Jahr 15.000 Staatsbedienstete entlassen, bis 2015 sollen es 150.000 werden.

Aus Protest gegen das neue Sparprogramm machten tausende Griechen mit einem 24-Stunden-Streik ihrem Ärger Luft. In Athen demonstrierten nach Schätzungen der Polizei rund 10.000 Menschen bei strömendem Regen gegen die massiven Sparpläne.

Am Rande kam es zu kleineren Zwischenfällen. Rund 200 rechtsorientierte Demonstranten versuchten, den Eingang des Parlaments zu erreichen. Sie forderten mit Sprechchören die Regierung zum Rücktritt auf, wie im Fernsehen zu sehen war. Zwei der Demonstranten trugen eine deutsche Fahne und eine Fahne mit einem faschistischen Symbol. Die Polizei setzte Reizgas ein. Ein Demonstrant zündete eine deutsche Flagge an.

Die Streiks legten den öffentlichen Verkehr in der Hauptstadt vielerorts lahm. Zu den Arbeitsniederlegungen hatten die beiden größten Gewerkschaftsverbände GSEE für den Privatsektor und ADEDY für die Beamten aufgerufen.

Sonderkonto-Vorschlag noch nicht vom Tisch

Die Regierung muss sich nicht nur mit den umstrittenen Einsparungen befassen. Auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern für den dringend benötigten Schuldenschnitt in Höhe von 100 Milliarden Euro müssen erfolgreich zu Ende gebracht werden.

Papademos wollte sich noch am Dienstagabend erneut mit der "Troika" von EU, EZB und IWF treffen. Dabei sollten die "letzten Pinselstriche" gesetzt werden, hieß es. Außerdem traf sich Papademos auch mit dem Geschäftsführer des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, sowie erstmals auch mit dem IIF-Präsidenten, dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.

Ein mögliches Sonderkonto zum Schuldenabbau Griechenlands, das Deutschland und Frankreich am Montag gemeinsam vorgeschlagen hatten, sorgte weiter für Zündstoff. Die Idee aus Berlin und Paris soll von den Euro-Finanzministern besprochen werden. "Wir freuen uns darauf, das mit den Partnern der Eurogruppe zu diskutieren", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Zustimmung zu dem Vorschlag signalisierte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. "Dass man versucht sicherzustellen, dass unsere griechischen Freunde Schulden auch zurückzahlen, dies dann über ein Sonderkonto abzuwickeln, ist keine abwegige Idee", sagte Luxemburgs Premierminister im rbb-Inforadio.

kng/DPA DPA

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