Verkehr Streit um italienische Autobahngebühren

"Fahren ist ein Abenteuer": Obwohl die Italiener brav ihre Autobahnmaut zahlen, sind die Zustände auf der Straße eine Zumutung. Jetzt regt sich zunehmend Protest - auch gegen eine weitere Preiserhöhung.

Jeden Morgen steigt Salvatore Burriesci in seinen Lastwagen und macht sich auf eine beschwerliche Reise: Er fährt auf der Autobahn von Florenz nach Modena. Keine große Sache, möchte man meinen, denn die beiden Städte trennen gerade einmal 160 Kilometer. Doch allein für die kurze Strecke zwischen Bologna und Modena (rund 40 Kilometer) braucht Burriesci eineinhalb Stunden: «Von morgens um sechs bis abends um zehn kann man nicht überholen. Eine dritte Spur wäre dringend nötig.» 30 Euro bezahlt der Lastwagenfahrer jeden Tag an die Autobahnbetreiber: «Das ist unter diesen Bedingungen viel zu viel», schimpft er.

Neue Erhöhung stieß auf Protest

Die ständig steigenden Autobahngebühren geben in Italien immer wieder Anlass zu Polemiken: «Das Fahren auf der Autobahn ist ein Abenteuer - und das zu immer höheren Preisen», schrieb kürzlich das Wochenmagazin «L’Espresso». Zuletzt wollte der größte italienische Autobahnbetreiber «Autostrade» die Gebühren wieder einmal erhöhen - doch der interministerielle Ausschuss für die Wirtschaftsplanung (CIPE) hat dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung gemacht: Die geplante Erhöhung von 1,52 Prozent sei «allzu großzügig», hieß es. Vor allem, weil die geplanten Modernisierungen noch nicht einmal begonnen worden seien, so die Experten. Die Autobahn Turin-Salerno ist in den vergangenen fünf Jahren um 25 Prozent teurer geworden, die Verbindung Salerno-Neapel gleich um 50 Prozent.

Zahlen für die Zukunft

Was viele Italiener genau so wenig wissen wie die Touristen, die sich über die hohen Gebühren an den Zahlhäuschen ärgern: Sie bezahlen nicht für etwas, das es bereits gibt, sondern was es vielleicht einmal geben wird. In den 30 Euro, die Burriesci jeden Tag am Zahlhäuschen lässt, sind nämlich nicht nur die Kosten für Fahrbahnreparaturen, für Angestellte oder für den Gärtner, der den Oleander pflegt, enthalten. Vielmehr vereinbaren die Gesellschaft «Anas», die für das staatliche Straßennetz verantwortlich ist, und die privaten Autobahnbetreiber alle fünf Jahre neue Gebühren, die sich an den geplanten Investitionen orientieren: Eine dritte Spur hier, eine Autobahnbrücke dort, perfekte Fahrbahnen überall.

Geld versickerte

So hätte etwa die Betreiberfirma «Autostrade», die für über 60 Prozent des italienischen Straßennetzes zuständig ist, von 1997 bis 2003 rund 4,39 Milliarden Euro in neue Projekte und rund 1,29 Milliarden Euro in Instandhaltungsarbeiten investieren sollen - ausgegeben wurde am Ende nur ein Viertel der Summe.

Pläne nur Rechtfertigung für höhere Tarife

Damit das Gebührenniveau gehalten oder sogar erhöht werden kann, musste sich das Unternehmen «Autostrade» jetzt dazu verpflichten, von 2003 bis 2009 nun gleich über 10 Milliarden Euro zu investieren. «Das ist völlig illusorisch», sagt der Senator Paolo Brutti von der Mitte-Links-Opposition. «Das Ganze dient nur dazu, höhere Tarife auch für die nächsten Jahre zu rechtfertigen.»

Zweifel bleiben

Die Italiener warten unterdessen weiter auf dringend nötige Arbeiten wie zum Beispiel die Modernisierung des Autobahnabschnitts zwischen Florenz und Bologna. Salvatore Burriesci sagt: «Wenn hier endlich etwas vorangehen würde, dann würde ich auch gerne schon heute für die Autobahn von morgen zahlen.»