Nach Techno-Party in Modena Italien: Bis zu sechs Jahre Haft – Regierung will illegale Raves verbieten

Besucher einer illegalen Rave-Party in Modena im Norden Italiens zelten vor einer verlassenen Lagerhalle
Zu einer illegalen Techno-Party in Modena im Norden Italiens reisten junge Menschen aus ganz Europa an. Hunderte Polizeibeamte stürmten die Veranstaltung und räumten das Gelände.
© Roberto Brancolini / Picture Alliance
Italien will gegen illegale Techno-Partys – sogenannte Raves – bei denen junge Menschen meist in verlassenen Hallen oder im Wald tagelang tanzen, vorgehen. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat ein neues Gesetz erlassen, das für die Teilnehmer solcher Events härtere Strafen vorsieht. 

Schon länger haben die italienischen Rechtsparteien darauf gepocht, illegale Techno-Partys härter zu bestrafen. Ein entsprechendes Gesetz, das Regierungschefin Giorgia Meloni am Montag vorgelegt hat, macht das nun möglich. Organisatoren von unangemeldeten Raves können künftig mit bis zu 10.000 Euro und sechs Jahren Haft bestraft werden.

Illegale Techno-Party mit tausenden Gästen aufgelöst 

Der Anstoß für Meloins Dekret war eine Techno-Party am Halloween-Wochenende. In einer verlassenen Lagerhalle an der Autobahnausfahrt Modena-Süd kamen 3.500 Feierwütige aus ganz Europa zusammen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, habe Innenminister Matteo Piantedosi den lokalen Behörden aufgetragen, das Event schnellstmöglich zu beenden. 300 Polizeibeamte und mehrere Einsatzgruppen der Feuerwehr sollen laut dem "Bayerischen Rundfunk" im Einsatz gewesen sein. Sie hätten das Gelände weiträumig abgeriegelt und Verstärkeranlagen im Wert von 150.000 Euro beschlagnahmten. Trotzdem sei die Party friedlich aufgelöst worden: Die Feiernden hätten die Halle sogar geputzt, bevor sie gegangen sind.

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"Ich bin sehr zufrieden mit dem klaren Zeichen, das hier gesetzt wurde", erklärte Ministerpräsidentin Meloni im Nachgang. Infrastrukturminister Matteo Salvini tat seinen Ärger auf Twitter kund. Er nannte die Techno-Fans "Chaoten" und forderte "effektivere Instrumente", um ein "Phänomen in den Griff zu bekommen, das für den Staat besonders kostspielig" sei. Denn es erfordere zahlreiche Strafverfolgungsbeamte. Dem schloss sich Innenminister Matteo Piantedosi an. Wenn es nach ihm ginge, dürfte die Polizei sogar Telefonate abhören und Netz-Kommunikation überwachen, um die illegalen Partys zu unterbinden.

Neues Gesetz in Italien löst Kontroverse aus

Zu solchen drastischen Mitteln darf der Staat zwar nicht greifen, doch Organisatoren und Teilnehmer von Rave-Partys ohne Genehmigung können in Zukunft hart bestraft werden. Für die Organisation von Ansammlungen mit mehr als 50 Menschen, "von denen Gefahr für die öffentliche Ordnung, Unversehrtheit oder Gesundheit ausgeht", drohen künftig bis zu 10.000 Euro und sechs Jahre Haft. Kritik an der verschärften Regelung folgte prompt – vor allem, da Oppositionspolitiker fürchten, die Regierung könne das vage formulierte Gesetz nutzen, um politische Proteste einzuschränken. Denn in dem Dekret ist keine Rede von Partys, es geht ganz allgemein um "Versammlungen". Diese schwammige Vorgabe könne, so die Bedenken, auch auf regierungskritische oder antifaschistische Demonstrationen angewendet werden.

Juristen halten die Maßnahme für verfassungsfeindlich. Die Linke beschreibt das Gesetz laut "Süddeutscher Zeitung" als "gefährlich" und "freiheitsfeindlich". Auch die italienische Sektion von "Amnesty International" meldete sich zu Wort. Die Pläne der Regierung seien eine "weitreichende, willkürliche und beliebige Anwendung zum Nachteil des Rechts auf friedlichen Protest, das geschützt und nicht unterdrückt werden" muss, zitiert der "Bayerische Rundfunk" die Menschenrechtsorganisation. Die Demokratische Partei (PD) bemängelte laut einem Bericht des "Kurier", dass die Polizei die Rave-Party, nicht aber eine Versammlung von rund 3.000 neofaschistischen Nostalgikern in Predappio, dem Heimatort Benito Mussolinis, am Sonntag geräumt habe.

Protest-Rave angekündigt

Das eine habe nichts mit dem anderen zu tun, so Salvini. "Predappio ist eine Veranstaltung, die seit vielen Jahren stattfindet. Bezüglich der Rave-Party gab es eine Beschwerde des Grundstückseigentümers", sagte der Politiker. "Die Regierung hat gut daran getan, gegen die Techno-Partys vorzugehen. Seit Jahren diskutieren wir über die Notwendigkeit, Raves zu bekämpfen", kommentierte der Vizepräsident des Senats, Maurizio Gasparri, der das neue Gesetz ebenfalls unterstützt. Nicht nur auf der politischen Bühne, sondern auch in den sozialen Netzwerken hat die Diskussion Fahrt aufgenommen.

Während man Raves verbiete, könne die faschistische Rechte weiterhin ihre Kokain-Partys feiern oder man solle sich "um die wirklichen Probleme des Landes kümmern, anstatt sich mit 'öffentlichen Treffen' zu befassen", schreiben die Menschen bei Twitter. Die "Süddeutsche Zeitung" weist darauf hin, dass es zum Unterbinden von Techno-Partys keine neue Regelung gebraucht hätte, da es im italienischen Strafgesetzbuch zuvor schon einen Paragrafen gegeben habe, der diese Veranstaltungen verbietet. Darauf habe sich auch die Behörde in Modena berufen, als sie das Groß-Event an der Autobahn auflöste.

Der italienische Sänger Marco Castoldi, der sich im Kulturministerium um Musikangelegenheiten kümmern soll, meinte, es solle nicht darum gehen, Raves zu verbieten. "Wenn überhaupt, müssen wir sicherstellen, dass sie für junge Menschen nicht attraktiv sind, indem wir bessere, alternative Ideen vorschlagen", zitiert der "Bayerische Rundfunk" den Musiker. Trotz des neuen Gesetzes gibt es bereits einen Termin für die nächste große Techno-Party: Aktivisten kündigten an, am kommenden Samstag vor dem Sitz der italienischen Ministerpräsidentin in Rom einen Rave zu organisieren.