Terroranschlag in Australien Australiens Regierung lässt strengere Waffengesetze prüfen

In Australien herrscht am Tag nach dem verheerenden Anschlag tiefer Schock. Foto: Bianca De Marchi/AAP/dpa
In Australien herrscht am Tag nach dem verheerenden Anschlag tiefer Schock. Foto
© Bianca De Marchi/AAP/dpa
In Australien herrscht nach dem Terroranschlag auf ein jüdisches Fest am beliebten Bondi Beach Schock und Trauer. Premier Albanese kündigt erste Konsequenzen an - und steht in der Kritik.

Nach den tödlichen Schüssen auf die Teilnehmer eines jüdischen Festes am berühmten Bondi Beach in Sydney will Australiens Regierung die bereits als streng geltenden Waffengesetze verschärfen. "Die Regierung ist bereit, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen", sagte Premierminister Anthony Albanese als Reaktion auf den als antisemitischen Terroranschlag eingestuften Angriff, bei dem 15 Menschen getötet wurden. Einer der beiden mutmaßlichen Attentäter wurde von der Polizei erschossen. 27 Verletzte werden noch in Krankenhäusern behandelt, der Zustand von sechs von ihnen ist laut Gesundheitsbehörde kritisch.

Die Verantwortlichen bei Polizei und Staatsanwaltschaft seien aufgefordert worden, Optionen auszuarbeiten, sagte Albanese nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts. Konkrete Reformen seien aber nicht beschlossen worden, berichteten örtliche Medien. Geprüft werden sollen demnach ein Verbot von Waffen, die mit 3D-Druckern hergestellt werden können, sowie eine Beschränkung der Anzahl an Schusswaffen, die ein Bürger besitzen darf. Außerdem sei mit den Regierungschefs der Bundesstaaten besprochen worden, den Import von Waffen einzuschränken und Waffenlizenzen nur an australische Staatsbürger zu vergeben.

"Die Lebensumstände von Menschen können sich ändern. Menschen können im Laufe der Zeit radikalisiert werden. Lizenzen sollten nicht auf Dauer erteilt werden", sagte Albanese. Der Anschlag am Sonntag sorgte in Australien für Entsetzen: Es war der schlimmste Fall von Schusswaffengewalt in dem Land seit rund 30 Jahren. Dass Australien wie andere Länder dieses Jahr einen Staat Palästina formell anerkannt habe, habe mit dem Anschlag nichts zu tun, sagte Albanese mit Blick auf Vorwürfe aus Israel. Er sehe keinen Zusammenhang, ergänzte er in einem TV-Interview. Es solle im Land aber noch konsequenter gegen Antisemitismus vorgegangen werden.

Sohn war im Visier des Geheimdienstes

Die Ermittler haben die beiden Angreifer als Vater und Sohn identifiziert. Der 50-jährige Vater war von Einsatzkräften am Tatort erschossen worden. Der 24-jährige Sohn wurde gefasst und liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Albanese bestätigte, dass der australische Inlandsgeheimdienst den Sohn vor sechs Jahren wegen Verbindungen zu einer in Sydney ansässigen Zelle der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) überprüft hatte. Örtliche Medienberichte, wonach in einem Auto der Angreifer auch zwei IS-Flaggen gefunden wurden, bestätigte die Polizei mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht.

Der Vater sei 1998 mit einem Studentenvisum in Australien eingereist, meldeten örtliche Medien. Sein Sohn sei in Australien geboren. Ihrer Familie hätten sie erzählt, sie seien über das Wochenende auf einem Angel-Ausflug.

Der Chef der Polizei von New South Wales, Mal Lanyon, erklärte, dass der Vater Mitglied in einem Jagdverein gewesen sei. Er habe über eine Waffenbesitzkarte verfügt, weswegen er Langwaffen besitzen durfte. Insgesamt habe er sechs Waffen legal besessen, hieß es.

Nach einem Amoklauf 1996 in der tasmanischen Stadt Port Arthur mit 35 Toten waren in Australien strenge Waffengesetze eingeführt worden. Es gab jedoch in letzter Zeit Medienberichten zufolge Sorge über eine steigende Zahl an Waffen im Land.

Motiv noch weitgehend unklar

Die Behörden gehen bei der Tat vom Sonntag von einem antisemitischen Terroranschlag aus. Die beiden Schützen hatten am ersten Tag des achttägigen jüdischen Lichterfestes Chanukka mit Langwaffen am beliebten Strand Bondi Beach das Feuer auf eine feiernde Menschenmenge eröffnet. Das Motiv ist weiter unklar. 

Unter den Toten sei auch der Holocaust-Überlebende Alex Kleytman, berichtete "The Australian". Seine Frau, nach Angaben der Zeitung ebenfalls eine Holocaust-Überlebende, sagte dem Blatt, sie seien beide am Bondi Beach gewesen, um das jüdische Lichterfest Chanukka zu feiern. Sie seien seinerzeit von der Ukraine nach Australien ausgewandert und seit fast 60 Jahren verheiratet gewesen. Zudem befinden sich unter den Todesopfern Berichten zufolge auch ein zehnjähriges Mädchen und zwei Rabbiner. Zahlreiche Menschen nahmen am Montag an einer Trauerzeremonie für die Opfer teil. Der Premierminister legte nahe dem Tatort Blumen nieder.

Hat Australien den Schutz jüdischen Lebens vernachlässigt?

"Wir haben einen klaren Mangel an Führungsstärke beim Schutz jüdischer Australier gesehen", kritisierte Oppositionsführerin Sussan Ley. Sie sagte weiter: "Wir haben eine Regierung, die Antisemitismus als ein Problem betrachtet, das gemanagt werden muss, und nicht als ein Übel, das ausgerottet werden muss". 

Premierminister Albanese wiederum sagte: "In unserem Land ist kein Platz für diesen Hass, diese Gewalt und diesen Terrorismus". Ein Angriff auf jüdische Australier sei "ein Angriff auf alle Australier". Er rief seine Landsleute auf, als Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinde zu Hause eine Kerze zu entzünden. "Wir sind stärker als die Feiglinge, die dies getan haben", sagte er. 

Schwere Vorwürfe an die Regierung

Auch die jüdische Organisation Australian Jewish Association erhob auf X schwere Vorwürfe: "Wie oft haben wir die Regierung gewarnt? Kein einziges Mal hatten wir das Gefühl, dass sie zugehört hat." Im Verlauf des Gaza-Kriegs geriet Israel international immer stärker in die Kritik. Parallel ist weltweit eine Welle von Antisemitismus zu beobachten, bei der Hass gegen Juden teils in Angriffe auf Menschen oder jüdische Einrichtungen wie Synagogen gipfelt.

In Australien hatte es im Dezember 2024 einen Brandanschlag auf eine Synagoge in Melbourne gegeben. Das Gotteshaus ging in Flammen auf. Albanese sprach von einer antisemitisch motivierten Schandtat, die Menschenleben in Gefahr gebracht habe. Die Behörden machten den Iran verantwortlich und wiesen den iranischen Botschafter aus. Trotzdem warfen israelische Politiker der Regierung Albanese vor, gegenüber Antisemitismus zu nachsichtig zu sein und nicht genug für den Schutz der lokalen jüdischen Gemeinde zu tun, die etwa 120.000 Menschen umfasst.

dpa

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